Substanzgebrauchsstörungen: Unterschied zwischen den Versionen

 
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{{Krankheitsbild
 
{{Krankheitsbild
|Fach=Psychiatrie und Psychotherapie, Psychologie und Soziologie,
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|Organsystem=Psyche,
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|Symptom=Craving, Toleranzentwicklung, Entzugssymptome, Kontrollverlust, Vernachlässigung anderer Interessen, Anhaltender Konsum,
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|Zusammenfassung=In Deutschland werden von Männern die meisten Substanzen häufiger und in größerer Menge
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|Zusammenfassung=In Deutschland konsumieren Männer die meisten Substanzen häufiger und in größeren Mengen als Frauen. Die Pubertät ist die Phase, in der sich dieser Geschlechtsunterschied zu entwickeln beginnt: Risikofaktoren sind dabei vor allem für Jungen höhere Ausprägungen in Impulsivität und Sensation Seeking, wobei Testosteron eine wichtige Rolle spielt. Bei Mädchen (und Frauen) tragen u. a. weibliche Geschlechtshormone zu einer höheren Vulnerabilität von [[Depression | depressiven]] sowie [[Angststörungen | ängstlichen]] Symptomen bei. Substanzkonsum dient deshalb bei Frauen häufig als (dysfunktionale) Bewältigungsstrategie bzw. zur Emotionsregulation, während Männer eher aus Vergnügen konsumieren. Die weiblichen Geschlechtshormone werden zudem als eine Urasche  für den sogenannten ''telescoping effect'' gesehen. Dieser beinhaltet, dass Frauen eine Abhängigkeit schneller entwickeln und typische Phasen des Substanzkonsums früher sowie beschleunigt durchlaufen. Für die meisten toxischen Effekte von Substanzen sind Frauen vulnerabler, d. h. trotz geringerem Konsums treten medizinische Konsequenzen früher und stärker ausgeprägt auf. Zudem haben sich Geschlechterunterschiede in der Wirkung einzelner Medikamente gezeigt. Beispielsweise haben Frauen oft stärkere Nebenwirkungen als Männer.  Ein Anpassen der medikamentösen Dosis an das jeweilige Geschlecht (oder zumindest an das Körpergewicht) könnte dem teilweise entgegengewirken. Gesellschaftlich wird eine Abhängigkeitserkrankung noch als typisch „männliche“ Störung eingestuft (ähnlich wie [[Depression | Depression]] als typisch „weibliche“ Erkrankung gilt), weshalb viele Frauen es vermeiden, sich in Behandlung zu begeben. In der Medizin gilt der Abhängigkeitsverlauf bei Männern zudem als Standard für beide Geschlechter. Ein Umdenken ist dringend nötig.
konsumiert als von Frauen. Allerdings zeigt sich in jüngeren Kohorten die Tendenz, dass dieser
 
Geschlechtsunterschied zu verschwinden beginnt, weshalb zukünftig mit einer erhöhten Rate an
 
weiblichen Abhängigen zu rechnen ist. Dieser Wandel erfordert ein spezielles Bewusstsein sowohl
 
für die besonderen Bedürfnisse, die Mädchen und Frauen dazu bewegt, Substanzen zu sich zu
 
nehmen, als auch für die pathophysiologischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Die
 
Pubertät ist dabei die Phase, in der sich die Geschlechtsunterschiede ausprägen: Als prägende
 
Risikofaktoren ergeben sich für Jungen vermehrt höhere Werte in Impulsivität und Sensation
 
Seeking, welche durch Testosteron vermittelt werden, bei Mädchen sorgen weibliche
 
Geschlechtshormone für eine höhere Vulnerabilität von depressiven sowie ängstlichen Symptomen,
 
die sie mit Substanzen überdecken möchten.
 
Die weiblichen Geschlechtshormone werden auch als ursächlich für den bei Frauen zu
 
beobachtenden telescoping effect gesehen, der bewirkt, dass Frauen eine Abhängigkeit schneller
 
entwickeln und typische Phasen des Drogenkonsums früher sowie in beschleunigter Weise
 
ablaufen. Für die meisten toxischen Effekte der Substanzen sind Frauen auch vulnerabler, d. h. trotz
 
geringeren Konsums treten medizinische Konsequenzen früher und stärker auf. Darüber hinaus
 
haben sich ebenfalls bei der Pharmakotherapie Geschlechtsunterschiede der Wirkung einzelner
 
Medikamente herausgestellt, denen teilweise (wie etwa stärkere Nebenwirkungen bei Frauen) durch
 
eine Anpassung der Dosis an das Geschlecht bzw. wenigstens an das Körpergewicht
 
entgegengewirkt werden kann. Gesellschaftlich wird eine Abhängigkeitserkrankung noch als
 
„männliche“ Störung angesehen (ähnlich wie Depression als „weibliche“ Erkrankung), weshalb
 
viele Frauen es vermeiden, sich in Behandlung zu begeben, aber auch in der Medizin gilt der
 
Abhängigkeitsverlauf bei Männern als Standard, weshalb es vonnöten ist, ein Umdenken
 
anzustimmen.
 
|Urheberrechtsbestimmung=Zustimmen
 
|Interessenkonflikt=Nein
 
}}
 
== Epidemiologie ==
 
=== Inzidenz/Prävalenz ===
 
In Deutschland sind etwa 31,2 % der Männer und 15,2 % der Frauen in ihrem Leben mindestens
 
einmal von einer Substanzabhängigkeit betroffen.<ref>Schmidt, C. O., Watzke, A. B., Schulz, A., Baumeister, S. E., Freyberger, H. J. & Grabe, H. J. (2013) Die Lebenszeitprävalenz psychischer Störungen in Vorpommern. Welchen Einfluss haben frühere psychische Auffälligkeiten auf die Survey-Teilnahme und Prävalenzschätzungen? Ergebnisse der SHIP-Studie. Psychiatrische Praxis, 40, 192–199</ref> Die höhere Rate an jemals betroffenen männlichen Personen spiegelt sich auch in aktuellen Umfragen wider: Für die meisten Substanzen ist die Prävalenz des allgemeinen, riskanten oder Abhängigkeits-indizierenden Konsums bei Männern höher als bei Frauen, wobei sich für einige Substanzen Angleichungstendenzen
 
ausfindig machen lassen.<ref>Pabst, A., Kraus, L., De Matos, E. G., & Piontek, D. (2013). Substanzkonsum und substanzbezogene Störungen in Deutschland im Jahr 2012. Sucht, 59(6), 321–331.</ref>
 
Im Folgenden werden Geschlechtsunterschiede hinsichtlich der Prävalenz für bestimmte
 
Substanzen einzeln behandelt.
 
  
====Alkohol====
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==Ähnliche Artikel==
In Deutschland trinken Männer häufiger und heftiger als Frauen (12-Monats-Prävalenz): 15,6 % der
+
* [[Alkoholabhängigkeit]]
Männer berichteten riskanten Konsum (vs. 12,8 % bei Frauen), die besonders gefährliche Variante
+
* [[Nikotinabhängigkeit]]
des Rauschtrinkens ist unter ihnen mit 46,8 % übermäßig vertreten (vs. 21,9 %), und nach DSM-IV
+
* [[Kokainabhängigkeit]]
liegen Missbrauch mit 4,7 % (vs. 1,5 %) sowie Abhängigkeit mit 4,8 % (vs. 2,0 %) deutlich über
+
* [[Cannabisabhängigkeit]]
den Werten der Frauen.<ref>Pabst, A., Kraus, L., De Matos, E. G., & Piontek, D. (2013). Substanzkonsum und substanzbezogene Störungen in Deutschland im Jahr 2012. Sucht, 59(6), 321–331.</ref> Das Zutreffen der Kriterien der beiden Diagnosen ist am häufigsten im jungen Erwachsenenalter zu beobachten und nimmt mit dem Alter stetig ab. Vor einem Alter von 18 sind die Häufigkeiten und Heftigkeit des Alkoholkonsums für beide Geschlechter eher gleich, d. h. die männliche Dominanz bezüglich Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit entwickelt sich erst im Erwachsenenalter.<ref>Kuhn, C. (2015). Emergence of sex differences in the development of substance use and abuse
 
during adolescence. Pharmacology & Therapeutics, 153, 55–78.</ref>
 
  
====Nikotin/Tabak====
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* [[Pharmakologische Grundlagen]]
Es gibt unter den Deutschen mehr männliche Raucher (34,0 %) als Raucherinnen (26,2 %), wobei
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}}{| class="wikitable" style="float:left; margin-right:1em"
als Raucher bzw. Raucherin galt, wer innerhalb der letzten 30 Tage eine Zigarette geraucht hatte.
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Von diesen Personen verbrauchten Männer öfter mehr Zigaretten pro Tag: Über 20 Zigaretten
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|style="background:#b5c691; border: 2px #556B2F solid;" | [[/Einführungsartikel |<big><big><span style="color:#556B2F"><u>Weiter zum Einführungsartikel</u></span></big></big>]]
täglich konsumierten 35,2 % der Raucher und 21,1 % der Raucherinnen. Die 12-Monat-Prävalenz
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der Abhängigkeit nach DSM-IV betrug bei Männern 12,5 % und bei Frauen 9,0 %. Der tägliche
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{| class="wikitable" style="float:left; margin-right:1em"
Konsum steigt tendenziell mit dem Alter, während Raucher und Raucherinnen sowie Abhängigkeit
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häufiger in mittleren Kohorten anzutreffen sind.<ref>Pabst, A., Kraus, L., De Matos, E. G., & Piontek, D. (2013). Substanzkonsum und substanzbezogene Störungen in Deutschland im Jahr 2012. Sucht, 59(6), 321–331.</ref> Insgesamt rauchen etwa 12 % der Personen zwischen 11 und 17 Jahren, wobei es noch keine Geschlechtsunterschiede hinsichtlich der Prävalenz gibt und Jugendliche zumeist
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|style="background:#b5c691; border: 2px #556B2F solid;" | [[/Fachartikel |<big><big><span style="color:#556B2F"><u>Weiter zum Fachartikel</u></span></big></big>]]
Gelegenheitsrauchende sind. Geschlechtsunterschiede der Prävalenz prägen sich erst in Kohorten
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|}
über 17 Jahren so aus, dass Männer unter rauchenden Personen überrepräsentiert sind.<ref>Pötschke-Langer, M., Kahnert, S., Schaller, K., Verena, V., Heidt, C., Schunk, S., … Fode, K. (2015). Tabakatlas (1st ed.). Heidelberg: Deutsches Krebsforschungszentrum.</ref>
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{| class="wikitable" style="float:left; margin-right:1em"
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|style="border: 2px #003399 solid;" | [https://gendermedwiki.uni-muenster.de/editorial-board/education.php?articleId=58 <big><big><span><u>Lehrmaterial</u></span></big></big>]
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{| class="wikitable" style="float:left"
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|style="border: 2px #003399 solid;" | [[/Quiz |<big><big><span><u>Quiz</u></span></big></big>]]
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<br clear=all>
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==Lizenz==
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Dieser Artikel ist unter der Creative Commons Lizenz veröffentlicht. Den vollen Lizenzinhalt finden Sie hier: https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/legalcode
  
====Cannabis====
+
==Autoren==
Innerhalb von 12 Monaten haben in Deutschland doppelt so viele Männer (6,0 %) wie Frauen (3,0
+
Julia Schreitmüller
%) Cannabis konsumiert. Davon erfüllen jeweils 0,8 % der Männer sowie jeweils 0,2 % der Frauen
 
die DSM-IV-Kriterien für Missbrauch und Abhängigkeit. Mit steigendem Alter sinkt die Prävalenz:
 
Personen zwischen 18 und 20 Jahren hatten eine 12-Monats-Prävalenz von 16,2 %, 21- bis 24-
 
Jährige 13,7 % und 40 bis 49 Jahre alte Personen beispielsweise nur noch 2,0 %.<ref>Pabst, A., Kraus, L., De Matos, E. G., & Piontek, D. (2013). Substanzkonsum und substanzbezogene Störungen in Deutschland im Jahr 2012. Sucht, 59(6), 321–331.</ref>
 
In Kohorten mit Personen unter 18 Jahren ist der Gebrauch von Cannabis zwischen den
 
Geschlechtern noch eher gleich verteilt.<ref>Kuhn, C. (2015). Emergence of sex differences in the development of substance use and abuse during adolescence. Pharmacology & Therapeutics, 153, 55–78.</ref>
 
  
====Kokain====
+
Zuletzt geändert: 2017-10-06 10:33:29
Die Prävalenz der letzten 12 Monate für Kokaingebrauch liegt in Deutschland bei Männern bei 1,3
 
%, bei Frauen hingegen bei 0,3 %. Der Missbrauch nach den Kriterien des DSM-IV liegt bei beiden
 
Geschlechtern bei 0,0 %, bei der Rate von Abhängigkeit übertreffen Männer (0,3 %) Frauen (0,1
 
%). Die meisten kokainabhängigen Personen befinden sich im Alter zwischen 25 und 29 Jahren
 
(0,6 %), gefolgt von 18-20 Jahren sowie 30-39 Jahren mit jeweils 0,3 %.<ref>Pabst, A., Kraus, L., De Matos, E. G., & Piontek, D. (2013). Substanzkonsum und substanzbezogene Störungen in Deutschland im Jahr 2012. Sucht, 59(6), 321–331.</ref>
 
 
 
====Amphetamine====
 
Mehr deutsche Männer als deutsche Frauen haben in den letzten 12 Monaten Amphetamine zu sich
 
genommen (1,2 % vs. 0,3 %). Die Kriterien des DSM-IV waren für Missbrauch und Abhängigkeit
 
bei Männern zu 0,3 % und 0,2 % zutreffend, wohingegen beide Diagnosen bei Frauen zu 0,0 %
 
zutrafen. Der Missbrauch folgte in den Altersgruppen keiner genauen Tendenz (z. B. jeweils 0,3 %
 
bei 21-24 Jahren und bei 40-49 Jahren, aber zwischen 30-39 Jahren 0,1 %). Die meisten Personen
 
mit Abhängigkeit befanden sich in der Altersgruppe von 25-29 Jahren (1,0 %), gefolgt von 18-20
 
Jahren (0,4 %) und 21-24 Jahren (0,1 %), während in den anderen Altersgruppen keine Werte über
 
0,0 % erreicht wurden.<ref>Pabst, A., Kraus, L., De Matos, E. G., & Piontek, D. (2013). Substanzkonsum und substanzbezogene Störungen in Deutschland im Jahr 2012. Sucht, 59(6), 321–331.</ref>
 
 
 
====Weitere Substanzen in Kurzform====
 
Die 12-Monats-Prävalenz der folgenden Substanzen war bei deutschen Männern jeweils höher als
 
bei deutschen Frauen: Ecstasy (0,7 % vs. 0,1 %), LSD (0,5 % vs. 0,1 %), Heroin (0,3 % vs. 0,1 %),
 
Crack (0,2 % vs. 0,0 %), Pilze (0,5 % vs. 0,1 %), Spice (0,3 % vs. 0,0 %) sowie andere Opiate (0,4
 
% vs. 0,3 %).<ref>Pabst, A., Kraus, L., De Matos, E. G., & Piontek, D. (2013). Substanzkonsum und substanzbezogene Störungen in Deutschland im Jahr 2012. Sucht, 59(6), 321–331.</ref>
 
 
 
====Medikamente====
 
'''''Schmerzmittel'''''<br />
 
Eine höhere Anzahl deutscher Frauen im Vergleich zu deutschen Männern nahm innerhalb der
 
letzten 12 Monate Schmerzmittel ein (68,0 % vs. 56,1 %), konsumierte diese während der letzten 30
 
Tage zudem täglich (4,6 % vs. 3,8 %), und erfüllte die DSM-IV-Kriterien für Missbrauch (8,8 % vs.
 
8,5 %) sowie Abhängigkeit (3,7 % vs. 3,0 %). Personen mittlerer Kohorten (21-49 Jahre) sind
 
tendenziell von diesen Konsummerkmalen mit Ausnahme der täglichen Einnahme stärker betroffen.<ref>Pabst, A., Kraus, L., De Matos, E. G., & Piontek, D. (2013). Substanzkonsum und substanzbezogene Störungen in Deutschland im Jahr 2012. Sucht, 59(6), 321–331.</ref><br />
 
'''''Schlafmittel'''''<br />
 
Schlafmittel wurden über die letzten 12 Monate von weiblichen Deutschen häufiger eingenommen
 
als von männlichen Deutschen (6,8 % vs. 4,2 %) und die Rate des täglichen Konsum lag auch höher
 
(0,8 % vs. 0,7 %). Bei Missbrauch nach DSM-IV lagen beide Geschlechter gleichauf (0,8 %),
 
während Frauen etwas häufiger an Abhängigkeit litten (0,9 % vs. 0,8 %). Die Gebrauchsprävalenz
 
und tägliche Einnahme steigt dabei tendenziell über die Altersgruppen, während Missbrauch und
 
Abhängigkeit über diese relativ gleich verteilt sind.<ref>Pabst, A., Kraus, L., De Matos, E. G., & Piontek, D. (2013). Substanzkonsum und substanzbezogene Störungen in Deutschland im Jahr 2012. Sucht, 59(6), 321–331.</ref> <br />
 
'''''Beruhigungsmittel'''''<br />
 
6,2 % der deutschen Frauen konsumierten während der letzten 12 Monate Beruhigungsmittel,
 
während dies beim anderen Geschlecht 4,6 % waren. Die tägliche Einnahme war bei Frauen
 
ebenfalls etwas höher (1,3 % vs. 1,1 %). Die Erfüllung der DSM-IV-Kriterien von Missbrauch ist
 
bei beiden Geschlechtern gleich (0,8 %), aber von Abhängigkeit bei Männern höher (1,4 % vs. 1,3
 
%). Für alle genannten Einnahmemerkmale ist ein Trend zu höheren Werten mit dem Alter zu
 
erkennen.<ref>Pabst, A., Kraus, L., De Matos, E. G., & Piontek, D. (2013). Substanzkonsum und substanzbezogene Störungen in Deutschland im Jahr 2012. Sucht, 59(6), 321–331.</ref> <br />
 
'''''Weitere Medikamente'''''<br />
 
Anregungsmittel wurden von Männern in Deutschland mehr konsumiert (über 12 Monate 1,2 % vs.
 
0,7 %; täglich 0,3 % vs. 0,2 %). Der Konsum fand besonders in jüngeren bis mittleren Kohorten
 
statt (18-39 Jahre).
 
Deutsche Frauen nahmen innerhalb der letzten 12 Monate mit höherer Wahrscheinlichkeit
 
Appetitzügler ein (0,6 % vs. 0,2 %), aber Männer taten dies häufiger täglich (0,2 % vs. 0,1 %). In
 
jüngeren bis mittleren Kohorten war der Konsum am stärksten ausgeprägt.<ref>Pabst, A., Kraus, L., De Matos, E. G., & Piontek, D. (2013). Substanzkonsum und substanzbezogene Störungen in Deutschland im Jahr 2012. Sucht, 59(6), 321–331.</ref>
 
 
 
====Abschließende Bemerkungen zur Prävalenz====
 
Bezüglich der meisten Substanzen weisen Männer höhere Prävalenzen für deren Gebrauch auf,
 
wobei sich diese Dominanz zumeist erst in Kohorten des jungen Erwachsenenalters äußert. Darüber
 
hinaus konsumieren sie meist auch eine größere Menge derselben Droge. Die
 
Geschlechtsunterschiede zeigen sich in dem Bereich des höchsten angegebenen Konsums am
 
deutlichsten. Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass sich die Prävalenzen (insbesondere beim
 
Rauchen) wieder annähern, d. h. in jüngeren Kohorten sind die Geschlechtsunterschiede am
 
geringsten, in älteren Kohorten am höchsten. Dementsprechend liegt es nahe anzunehmen, dass
 
diese Kohorteneffekte kulturelle Wandlungen widerspiegeln, welche Drogen insbesondere für
 
Frauen verfügbarer machen. Es kann aber auch argumentiert werden, dass die Unterschiede in den
 
Kohorten stabile Werte über verschiedene Lebensabschnitte darstellen, weshalb weitere Forschung
 
nötig ist.<ref>Kuhn, C. (2015). Emergence of sex differences in the development of substance use and abuse during adolescence. Pharmacology & Therapeutics, 153, 55–78.</ref>
 
 
 
=== Risikofaktoren und protektive Faktoren ===
 
Während die meisten Merkmale, welche mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für das Auftreten
 
einer Abhängigkeitserkrankung einhergehen, auf Männer und Frauen zugleich zutreffen, gibt es
 
einige nicht zu vernachlässigende Unterschiede:
 
====Impulsivität, Sensation Seeking, Selbstregulation====
 
Impulsivität, Sensation Seeking sowie Selbstregulation gelten als essenzielle Prädiktoren für das
 
Entwickeln einer Abhängigkeit, die von beiden Geschlechtern geteilt werden (Kuhn, 2015).
 
Wichtig ist, dass der Zusammenhang zwischen inhibitorischer Kontrolle und zukünftigem
 
Drogenkonsum nicht einseitig ist, sondern dass Drogenkonsum seinerseits die Fähigkeit zur
 
Verhaltenskontrolle schwächt (Fattore, 2016).
 
Die (selbst angegebenen) Werte für Sensation Seeking sowie Impulskontrolle sind zwischen
 
Männern und Frauen unterschiedlich und stehen zudem im Zusammenhang mit der pubertären
 
Entwicklung (Shulman et al., 2014): Auch wenn während der Pubertät beide Geschlechter erhöhte
 
Werte erreichen, so weisen heranwachsende Frauen generell geringere Ausprägungen als
 
heranwachsende Männer hinsichtlich dieser Dimensionen auf, wobei dieser Unterschied nach der
 
Pubertät den Höhepunkt erreicht. Typischerweise setzt die Pubertät bei Mädchen früher ein, sodass
 
diese wegen der damit verknüpften Veränderungen altersmäßig betrachtet vor Jungen vulnerabel für
 
Drogenkonsum werden.
 
Impulsivität wird oft in zwei Varianten unterteilt (Carroll & Smethells, 2015): Impulsive Auswahl
 
(impulsive choice) beschreibt dabei ein Verhalten, das ohne Bedenken zukünftiger Konsequenzen
 
geschieht, was in Studien zumeist durch die Präferenz einer kleinen, aber direkten Belohnung statt
 
einer größeren, aber späteren Belohnung operationalisiert ist.
 
Impulsives Handeln (impulsive action) beschreibt hingegen das Unvermögen, eine Reaktion
 
zurückzuhalten, bis eine gewisse Zeit signalisiert wird (z. B. operationalisiert durch ein Stoppsignal,
 
nach dessen Darbietung keine vorher zu drückende Taste mehr betätigt werden soll).
 
Während beide Formen mit Drogenmissbrauch allgemein assoziiert sind, gehen höhere
 
Ausprägungen auf der Skala für impulsive Auswahl mit dem Zutreffen diagnostischer Kriterien
 
einer Abhängigkeit einher (MacKillop et al., 2011. Auch wenn es nur wenige Studien gibt, in denen
 
impulsive Auswahl an Tieren untersucht wurde, deuten diese auf moderat höhere Werte zugunsten
 
weiblicher Tiere hin (Weafer & de Wit, 2014).
 
Geschlechtsspezifische Differenzen bezüglich der Höhe impulsiver Auswahl sind bei Menschen
 
weniger eindeutig, da in einigen Studien keine Unterschiede festgestellt wurden, in anderen
 
wiederum entweder Frauen oder Männer sich impulsiver verhielten. Einige Trends können jedoch
 
herausgestellt werden (Weafer & de Wit, 2014):
 
Impulsive Auswahl: Frauen zeigten bei hypothetischen Belohnungen höhere Werte, Männer
 
hingegen bei tatsächlichen Belohnungen. Impulsives Handeln: Männliche Labortiere weisen
 
insbesondere unter Berücksichtigung von Geschlechtshormonen höhere Werte auf, während
 
Unterschiede bei Menschen in mäßigem Umfang und aufgabenspezifisch (d. h. bei Continuous
 
Performance Tasks und Go/No-go Tasks sind Männer impulsiver, bei Stoppsignalaufgaben Frauen)
 
zu beobachten sind. Es zeigt sich zudem eine Tendenz dahingehend, dass Männer in Studien
 
inhibitorischer Funktionen mehr Verhalten zeigen, das als Sensation Seeking bezeichnet werden
 
kann, wohingegen Frauen sensibler auf Bestrafungen reagieren (Cross et al., 2011).
 
Es hat sich in einigen Studien gezeigt, dass Drogenkonsumentinnen impulsiver handeln als
 
Drogenkonsumenten, während die männlichen Versuchspersonen in den Kontrollgruppen ebenso
 
impulsiv oder impulsiver als die weiblichen Versuchspersonen handelten, woraus geschlossen
 
werden kann, dass eine geschlechtsspezifische Kovarianz zwischen impulsivem Handeln und
 
Drogenmissbrauch besteht (Carroll & Smethells, 2015).
 
Impulsives Verhalten bei Frauen variiert zudem während des Zyklus (Hosseini-Kamkarand &
 
Morton, 2014): Frauen sind während der Follikelphase am wenigsten impulsiv, womit sich
 
eventuell auch entscheidende Unterschiede zwischen Studien erklären lassen.
 
Zurückgeführt werden kann die geschlechtsspezifische Ausprägung der intentionalen Kontrolle
 
eventuell auf Unterschiede des orbitofrontalen Cortex (OFC), dessen Wirkung bei impulsiven
 
Entscheidungen gut dokumentiert ist (Fattore, 2016): Der OFC ist bei Frauen größer, weist einen
 
geringeren Glukoseverbrauch auf, die Rezeptoren für Östrogene und Androgene sind dort dichter
 
besiedelt, und die Konnektivität mit dem präfrontalen Cortex sowie dem dorsalen Striatum ist
 
höher. Darüber hinaus ist das Volumen des präfrontalen Cortex bei jungen (15-17 Jahre)
 
Alkoholkonsumentinnen im Vergleich zu Alkoholkonsumenten und gleichgeschlechtlichen
 
Kontrollen geringer, was darauf schließen lässt, dass das biologische Geschlecht den Einfluss von
 
Drogen auf die Morphologie und die Aktivierung kortikaler Bereiche, die mit Impulsivität in
 
Verbindung stehen, moderiert (Medina et al., 2008).
 
====Merkmale des mesolimbischen Systems====
 
Das mesolimbische System mit seinen dopaminergen Pfaden spielt eine entscheidende Rolle bei
 
Prozessen, welche einem Abhängigkeitssyndrom zugrunde liegen (Fattore, 2016). Dabei können
 
atypische morphologische oder funktionelle Eigenschaften sowohl Ursache für die Entwicklung
 
einer Abhängigkeit als auch Konsequenz dieser sein. Geschlechtsunterschiede dieses Systems
 
finden sich unter anderem hinsichtlich der Dopaminkonzentration im Striatum, wo zudem
 
Östrogene (nur bei Weibchen) einen geschlechtsspezifischen Effekt auf die Bindung von
 
dopaminergen D2-Rezeptoren bei kastrierten Ratten hatten (Bazzett & Becker 1994).
 
Bei Ratten zeigten sich auch hinsichtlich der Eigenschaften und Plastizität der mesolimbischen
 
dopaminergen Neuronen geschlechtsbedingte Unterschiede, welche möglicherweise dazu beitragen
 
können, das schnellere Aneignen des Drogenkonsums bei weiblichen Ratten, das auch bei
 
weiblichen Menschen beobachtet wird, zu erklären (Melis et al., 2013).
 
====Beginn der Pubertät und ihr Verlauf====
 
Während der Pubertät finden Entwicklungsprozesse auf biologischer, sozialer und
 
umweltbezogener Ebene statt, deren Interaktionen es schwierig machen, eindeutige
 
Zusammenhänge herauszustellen.
 
Das Eintrittsalter der Pubertät, erhöhte Werte in Persönlichkeitsmerkmalen wie Sensation Seeking
 
und Impulsivität sowie Komorbiditäten gelten als zentrale Risikofaktoren bei Heranwachsenden
 
beider Geschlechter, wobei bei allen Faktoren geschlechtsspezifische Differenzen bezüglich der
 
Effektstärke bestehen, die sich während der Pubertät entwickeln und im Erwachsenenalter meist am
 
stärksten ausgeprägt sind (Kuhn, 2015). Dementsprechend sind diese Veränderungen hier nur in
 
einem zeitlichen, entwicklungsbezogenen Bezug zu verstehen und werden unten einzeln
 
spezifiziert.
 
 
 
In einer Längsschnittstudie hatten Heranwachsende, die angaben, weiter als Gleichaltrige in der
 
pubertären Entwicklung zu sein, in den letzten drei Monaten mit höherer Wahrscheinlichkeit
 
Zigaretten, Alkohol sowie Marihuana konsumiert, was größtenteils auf Unterschiede des Konsums
 
im Alter von 11 Jahren zurückgeführt werden konnte (Cance et al., 2013). Da Mädchen die Pubertät
 
früher erreichen als Jungen und schon im Alter von 11 Jahren klare Zusammenhänge zwischen dem
 
Drogenkonsum und der eigenen Angabe der pubertären Entwicklung bestehen, sind Mädchen
 
während der Pubertät womöglich vulnerabler für einen Ersteinstieg als Jungen.
 
Sensation Seeking wird oft als Mediator des Zusammenhangs zwischen pubertärer Entwicklung und
 
frühem Drogenkonsum sowie -missbrauch genannt, wobei sich die allgemein höhere Ausprägung
 
und somit das Risiko bei Männern während der Pubertät entwickelt, während sich erhöhte
 
Inzidenzen von Depression und Ängstlichkeit bei Frauen während der Pubertät manifestieren, die
 
beide mit Drogenkonsum einhergehen (Kuhn, 2015).
 
 
 
Insgesamt gestaltet sich die Pubertät als kritische Phase, da Jugendliche einerseits empfänglicher für
 
Belohnungen von Drogen sind, andererseits aversive Effekte weniger empfunden werden (Carroll &
 
Smethells, 2015). Kritisch ist auch, dass auf neuronaler Ebene während der Pubertät viele
 
Veränderungen stattfinden, sodass ein erhöhter Drogenkonsum im Jugendalter zu Veränderungen
 
führen kann, die sich z. B. beim präfrontalen Kortex dadurch äußern, dass sich Impulsivität steigert,
 
welche wiederum ein Risikofaktor für Drogenmissbrauch ist (Carroll & Smethells, 2015).
 
====Komorbiditäten====
 
Eine Substanzgebrauchsstörung geht oft mit dem Vorliegen einer zusätzlichen psychischen Störung
 
einher, welche das Fortschreiten des Substanzgebrauchs beschleunigt (Kuhn, 2015). Zu diesen
 
psychischen Störungsbildern gehören Ängstlichkeit, Depression, bipolare Störung,
 
Verhaltensstörungen und die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung.
 
Geschlechtsunterschiede bestehen dabei für jede dieser Störungen, wobei diese sich meist während
 
der Jugend ausprägen (Kuhn, 2015; Latimer et al., 2002):
 
Bei Männern sind die Inzidenzen für Komorbiditäten von Verhaltensstörungen sowie der
 
Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung höher und bei männlichen Jugendlichen haben sich
 
diese als Risikofaktoren herausgestellt, welche die Wahrscheinlichkeit für Substanzmissbrauch
 
erhöhen. Eine hohe Quote von Verhaltensstörungen wurde allerdings auch bei weiblichen
 
Jugendlichen festgestellt, die problematischen Drogenkonsum aufweisen.
 
Depression, Ängstlichkeit und bipolare Störung werden bei Frauen öfter in komorbider Variante
 
beobachtet, welche als Folge dessen oft zu Alkohol bzw. motorischen Stimulanzien greifen, um
 
manische Symptome zu bekämpfen bzw. depressive Symptome zu lindern. Allerdings war unter
 
weiblichen Jugendlichen, die Drogen missbrauchten, nur die Prävalenz einer Major Depression
 
höher als bei Drogen missbrauchenden, männlichen Jugendlichen, während das Verhältnis bei
 
Dysthymie und einer doppelten Depression zwischen den Geschlechtern gleich war.
 
Traumatische Erfahrungen (insbesondere während der Kindheit)
 
Traumatische Erfahrungen, die auch u. a. zu einer Posttraumatischen Belastungsstörung führen
 
können (aber nicht müssen), stehen im Zusammenhang mit Substanzmissbrauch.
 
In einer Studie wurde festgestellt, dass viel mehr Frauen Opfer sexuellen Missbrauchs waren als
 
Männer („weiße Frauen“ erreichten 26,5 %, „weiße Männer“ 4 %) (Clark et al., 2012). In derselben
 
Studie konnte darüber hinaus herausgestellt werden, dass sexuelle Missbrauchserfahrungen nur bei
 
Frauen mit problematischem Drogenmissbrauch verbunden waren.
 
In einer anderen Studie wurde die Verbindung zwischen fünf Formen von Kindesmisshandlung
 
(physischer, sexueller und emotionaler Missbrauch sowie physische und emotionale
 
Vernachlässigung) und verschiedenen Substanzgebrauchsstörungen untersucht (Afifi et al., 2012).
 
Dabei wurde herausgefunden, dass alle fünf Formen mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von
 
Substanzmissbrauch für Frauen einhergingen, bei Männern jedoch einige Formen (physische und
 
emotionale Vernachlässigung) keinen Zusammenhang mit Missbrauch bestimmter Substanzen
 
(Heroin, Amphetamine und Kokain) aufwiesen. Nachdem in einem weiteren Analyseschritt mentale
 
Störungen des DSM (Achse I und II) Berücksichtigung fanden, wurde die Stärke des
 
Zusammenhangs zwischen Kindesmisshandlung und Substanzgebrauchsstörungen nach unten
 
korrigiert, wobei viele ihre statistische Signifikanz behielten.
 
Das Vorliegen von Kindesmisshandlung erweist sich zwar für beide Geschlechter als Prädiktor des
 
Einstiegsalters in den Drogenkonsum und die Heftigkeit des Drogenmissbrauchs, jedoch sind diese
 
Zusammenhänge bei Frauen stärker ausgeprägt (Hyman et al., 2006).
 
Insgesamt sind Frauen also häufiger Opfer von Misshandlungen, was sich deutlicher in einem
 
Substanzmissbrauch niederschlagen kann, aber auch für Männer stellen Misshandlungen unter
 
Umständen einen Risikofaktor dar. Heftigkeit und Form der Misshandlung entfalten dabei
 
womöglich eine geschlechtsspezifische Wirkung.
 
====Geschlechtshormone====
 
Eine isolierte Betrachtung von Geschlechtshormonen und ihres Einflusses auf Drogenkonsum
 
gestaltet sich als schwierig, da diese ihrerseits stets mit relevanten sozialen und biologischen
 
Systemen und Entwicklungsprozessen interagieren (Lenz et al., 2012).
 
Für das Verständnis von Abhängigkeiten hat sich dennoch als fundamentaler
 
Geschlechtsunterschied herausgestellt, dass Östradiol bei weiblichen Tieren wie auch bei
 
weiblichen Menschen das Aufsuchen von Drogen sowie die belohnenden Effekte des
 
Drogenkonsums erhöht, während dies bei männlichen Wesen nicht der Fall ist (Carroll & Smethells,
 
2015; Agabio et al., 2016). Der Zyklus der Frau stellt sich somit als ein wichtiger Faktor dar, da
 
Östradiol in der ersten Phase (Follikelphase) stark ansteigt, womit auch das Craving stärker wird,
 
während in der zweiten Phase (Lutealphase) der Anstieg von Progesteron diesen
 
Geschlechtsunterschied ausgleicht. Auf vergleichbare Weise stellt sich der chronische Gebrauch von
 
oralen Kontrazeptiva als Risikofaktor heraus, weil er auf den natürlichen Hormonkreislauf einwirkt
 
(Lenz et al., 2012).
 
Unter den männlichen Geschlechtshormonen hat sich insbesondere das Testosteron-Level für beide
 
Geschlechter als prädiktiv für Alkoholkonsum erwiesen (Erol & Karpyak, 2015). Dabei ist zu
 
beachten, dass Alkoholkonsum seinerseits das Testosteron-Level bei beiden Geschlechtern erhöht,
 
aber bei Männern chronischer Alkoholkonsum dieses verringert, was bei Frauen nicht der Fall ist.
 
Es wird durch die Literatur nahegelegt, dass die Wirkung von Testosteron auf Drogenkonsum durch
 
ein Erhöhen von Impulsivitäts-Facetten oder Sensation Seeking mediiert wird (Kuhn, 2015).
 
====Soziale Beziehungen====
 
Dass sozialer Kontakt mit Drogen konsumierenden Personen die Wahrscheinlichkeit erhöht, selbst
 
Drogen zu sich zu nehmen, wird allgemein vertreten, auch wenn die dafür eingesetzten
 
Untersuchungsparadigmen schwierig zu realisieren oder uneindeutig zu interpretieren sind
 
(Strickland & Smith, 2014).
 
Bei jugendlichen Ratten hat sich bei beiden Geschlechtern mit vergleichbaren Effektstärken für
 
soziale Settings herausgestellt, dass zumindest Alkohol, Nikotin und Kokain soziale Interaktionen
 
oder Belohnungen erhöhen, was den Drogenkonsum in einer Gruppe fördert (Kuhn, 2015).
 
Allerdings blieb bei diesen Studien innerhalb von Dyaden das Geschlecht des Partners oder der
 
Partnerin meistens unberücksichtigt, was jedoch einen Unterschied bewirken kann, wie in einer
 
Studie gezeigt wurde, in der das Geschlecht die Höhe des Zusammenhangs zwischen sozialer
 
Interaktion und Alkoholkonsum moderierte (Hostetler et al., 2012).
 
Bei Menschen besteht insgesamt für Jungen früher (Alter 10-12) ein höheres Risiko, durch Drogen
 
konsumierende Gleichaltrige zum Drogeneinstieg verleitet zu werden (Kirisci et al., 2009). In
 
derselben Studie zeigten Mädchen erst im Alter von 16 Jahren den durch abwegiges Verhalten
 
Gleichaltriger vermittelten Zusammenhang zwischen Enthemmung und dem Gebrauch illegaler
 
Drogen.
 
Andererseits zeigt sich bereits ab der Jugend, dass weibliche Personen in höherem Umfang durch
 
den Drogenkonsum (zumindest nachgewiesen für Alkohol und Zigaretten) des romantischen
 
Partners beeinflusst werden als Männer (Kuhn, 2015).
 
 
 
== Pathophysiologie ==
 
== Klinik ==
 
=== Symptome ===
 
=== Diagnostik ===
 
== Management von Patienten und Patientinnen ==
 
=== Therapie ===
 
=== Interaktion zwischen Arzt/Ärztin und Patient/Patientin ===
 
=== Behandlungserfolg/Outcome ===
 
=== Psychosoziale Faktoren ===
 
=== Prävention ===
 
== Ausblick ==
 
== Literatur ==
 
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Klicken Sie auf "Ausklappen" um die Literaturverweise anzuzeigen.
 
<div class="mw-collapsible-content"> <references/></div>
 
</div>
 
 
 
== Lehrmaterialien ==
 
=== Fallstudien ===
 
=== Dias ===
 
=== Videos ===
 

Aktuelle Version vom 6. Oktober 2017, 10:33 Uhr

Fächer
Organsysteme
Hauptsymptome
Zusammenfassung In Deutschland konsumieren Männer die meisten Substanzen häufiger und in größeren Mengen als Frauen. Die Pubertät ist die Phase, in der sich dieser Geschlechtsunterschied zu entwickeln beginnt: Risikofaktoren sind dabei vor allem für Jungen höhere Ausprägungen in Impulsivität und Sensation Seeking, wobei Testosteron eine wichtige Rolle spielt. Bei Mädchen (und Frauen) tragen u. a. weibliche Geschlechtshormone zu einer höheren Vulnerabilität von depressiven sowie ängstlichen Symptomen bei. Substanzkonsum dient deshalb bei Frauen häufig als (dysfunktionale) Bewältigungsstrategie bzw. zur Emotionsregulation, während Männer eher aus Vergnügen konsumieren. Die weiblichen Geschlechtshormone werden zudem als eine Urasche für den sogenannten telescoping effect gesehen. Dieser beinhaltet, dass Frauen eine Abhängigkeit schneller entwickeln und typische Phasen des Substanzkonsums früher sowie beschleunigt durchlaufen. Für die meisten toxischen Effekte von Substanzen sind Frauen vulnerabler, d. h. trotz geringerem Konsums treten medizinische Konsequenzen früher und stärker ausgeprägt auf. Zudem haben sich Geschlechterunterschiede in der Wirkung einzelner Medikamente gezeigt. Beispielsweise haben Frauen oft stärkere Nebenwirkungen als Männer. Ein Anpassen der medikamentösen Dosis an das jeweilige Geschlecht (oder zumindest an das Körpergewicht) könnte dem teilweise entgegengewirken. Gesellschaftlich wird eine Abhängigkeitserkrankung noch als typisch „männliche“ Störung eingestuft (ähnlich wie Depression als typisch „weibliche“ Erkrankung gilt), weshalb viele Frauen es vermeiden, sich in Behandlung zu begeben. In der Medizin gilt der Abhängigkeitsverlauf bei Männern zudem als Standard für beide Geschlechter. Ein Umdenken ist dringend nötig.

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Autoren[Bearbeiten]

Julia Schreitmüller

Zuletzt geändert: 2017-10-06 10:33:29

Persönlichkeitskonstrukt: Für jeden Menschen gibt es ein optimales Erregungsniveau, durch das Aufsuchen/Vermeiden von stimulierenden Reizen kann die Erregung reguliert werden. Menschen mit einem geringen initialen Erregungsniveau suchen eher aufregende Reize, sie werden als Sensation Seeker bezeichnet (Suchen nach neuen Erlebnissen, um ständige Spannung zu erleben).

Anfälligkeit eines Menschen, an bestimmen (meist psychischen) Krankheiten zu erkranken. Bergriff wird i. d. R. in der Psychologie bzw. Psychiatrie verwendet. In anderen medizinischen Fachgebieten spricht man von Prädisposition.

Beschreibt den beschleunigten Verlauf vom Initialkonsum einer Substanz über das Einsetzen der Abhängigkeit bis zur ersten Behandlung bei Frauen im Vergleich zu Männern. Ursächlich scheinen verschiedene biologische, sozioökonomische, psychologische und kulturelle Einflussfaktoren.

Zwanghaftes Bedürfnis bzw. unwiderstehlicher Drang nach einem bestimmten Stimulus (Reiz), z. B. einer chemischen Substanz (Droge).