Kokainabhängigkeit/Fachartikel

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Der folgende Artikel befasst sich mit Geschlechterunterschieden bei Kokainabhängigkeit. Geschlechterübergreifende Inhalte zu verschiedenen Substanzgebrauchsstörungen erhalten Sie zum Beispiel bei Papst et al. (2012).

Epidemiologie[Bearbeiten]

Inzidenz/Prävalenz[Bearbeiten]

Die 12-Monats-Prävalenz von Kokainkonsum liegt in Deutschland bei Männern bei 1.3 Prozent, bei Frauen bei 0.3 Prozent. 0.3 Prozent der Männer und 0.1 Prozent der Frauen sind nach DSM-IV-Kriterien kokainabhängig. Die meisten kokainabhängigen Personen befinden sich im Alter zwischen 25 und 29 Jahren (0.6 Prozent), gefolgt von der Gruppe der 18- bis 20-Jährigen sowie der Gruppe der 30- bis 39-Jährigen mit jeweils 0.3 Prozent.[1] Grafik 1 stellt die geschlechterspezifische 12-Monatsprävalenz von Kokainkonsum und -abhängigkeit dar.  


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Grafik 1. 12-Monats-Prävalenz von Kokainkonsum und -abhängigkeit nach DSM-IV. [Quelle: GenderMed-Wiki, nach Pabst et al. (2013)]

Risikofaktoren und protektive Faktoren[Bearbeiten]

Informationen zu Riskofaktoren und protektiven Faktoren von Substanzgebrauchsstörungen finden Sie hier.

Pathophysiologie[Bearbeiten]

In einer Studie, mit jedoch sehr geringer Versuchspersonenanzahl (jeweils sieben Frauen und Männer), wurde Folgendes herausgefunden:[2] Nach einer intranasalen Applikation derselben Dosis erreichten Männer höhere Plasmaspitzenwerte, bemerkten subjektive Effekte des Kokains schneller und gaben mehr (positive und negative) Empfindungen an. Die Werte der Frauen differierten je nach Zyklus. In der Follikelphase wurden höhere Plasmaspitzenwerte erreicht, die sich aber nicht auf den Beginn der subjektiven Effekte auswirkte.

In einer weiteren Studie wurden nach einer intravenösen Verabreichung von Kokain unter Berücksichtigung des Körpergewichts keine Geschlechtsunterschiede hinsichtlich der Plasmaspitzenwerte, subjektiven Effekte oder kardiovaskulären Effekte festgestellt. Auch die weiblichen Zyklusphasen hatten keinen Einfluss.[3]

Womöglich spielt Testosteron eine Rolle bei der Vulnerabilität für kokainbedingte negative Effekte. Nach Applikation des Antiandrogens Flutamid reduzierten sich die Plasmaspitzenwerte bei Männern.[4] Allerdings gab es in der entsprechenden Studie nur acht Versuchspersonen, weitere Untersuchungen sind nowendig.

Abstinente kokainabhängige Personen wurden mit gesunden Kontrollen verglichen und wiesen dabei ein geschlechtsspezifisch verändertes Volumen grauer Substanz auf:[5] Kokainabhängige Frauen hatten ein geringeres Volumen in temporalen, parietalen und okzipitalen Bereichen, während kokainabhängige Männer über einen großen superioren Bereich des frontalen Kortex (inklusive Gyrus praecentralis und medialer Gyrus cinguli) geringere Volumina aufwiesen. 

Geschlechterunterschiede bezüglich psychotischer Symptome bei kokainabhängigen Personen bleiben zu untersuchen: In einer Studie äußerten Frauen häufiger psychotische Erlebnisse, während in einer anderen Studie keine Geschlechtsunterschiede nachgewiesen werden konnten.[6] [7]

Insgesamt ist das Risiko, an den Folgen ihres Konsums zu sterben, für kokainabhängige Frauen höher und der Abstand zwischen dem Beginn des Kokainkonsums und dem Tod ist kürzer als bei Männern.[8] [9]

Klinik[Bearbeiten]

Symptome[Bearbeiten]

Informationen zu den Symptomen von Substanzgebrauchsstörungen erhalten Sie hier.

Diagnostik[Bearbeiten]

Informationen zur Diagnostik von Substanzgebrauchsstörungen erhalten Sie hier.

Management von Patienten und Patientinnen[Bearbeiten]

Therapie[Bearbeiten]

Interaktion zwischen Arzt/Ärztin und Patient/Patientin[Bearbeiten]

Informationen zur Interaktion zwischen ärztlichem Personal und Patienten sowie Patientinnen bei Substanzgebrauchsstörungen erhalten Sie hier

Behandlungserfolg/Outcome[Bearbeiten]

Wegen der inhibitorischen Rolle des weiblichen Geschlechtshormons Progesteron während des Zyklus, die sich auf den Substanzgebrauch und subjektive Effekte auswirkt, wurde auch untersucht, ob sich eine exogene Verabreichung als effektiv erweisen kann. In Tierversuchen reduziert verabreichtes Progesteron den Kokainkonsum, und auch bei Menschen lässt sich diese Wirkung im Sinne verringerter physiologischer und subjektiver Belohnungseffekte von Kokain oder durch geringeres Craving nach Darbietung eines Hinweisreizes nachweisen.[10] Diese Effekte zeigen sich vor allem bei Frauen bzw. weiblichen Versuchstieren. Auch bei Frauen, die gerade entbunden hatten, konnte der Kokainkonsum durch Progesteron-Verabreichung verringert werden.[11] In einer Studie, an der allerdings nur zehn Personen teilnahmen, wurde für Männer und Frauen nachgewiesen, dass sich die Einnahme von Progesteron abschwächend auf subjektive und physiologische Reaktionen nach Kokainkonsum auswirkt.[12]

Psychosoziale Faktoren[Bearbeiten]

Informationen zu psychosozial wirksamen Faktoren bei Substanzgebrauchsstörungen erhalten Sie hier.

Prävention[Bearbeiten]

Informationen zur Prävention von Substanzgebrauchsstörungen erhalten Sie hier.

Translation in die klinische Versorgung[Bearbeiten]

Offene Forschungsfragen[Bearbeiten]

Externe Links[Bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten]

Klicken Sie auf "Ausklappen" um die Literaturverweise anzuzeigen.
  1. Pabst, A., Kraus, L., De Matos, E. G., & Piontek, D. (2013). Substanzkonsum und substanzbezogene Störungen in Deutschland im Jahr 2012. Sucht, 59(6), 321–331.
  2. Lukas, S. E., Sholar, M., Lundahl, L. H., Lamas, X., Kouri, E., Wines, J. D., … Mendelson, J. H. (1996). Sex differences in plasma cocaine levels and subjective effects after acute cocaine administration in human volunteers. Psychopharmacology, 125(4), 346–354.
  3. Mendelson, J. (1999). Cocaine Pharmacokinetics in Men and in Women During the Follicular and Luteal Phases of the Menstrual Cycle. Neuropsychopharmacology, 21(2), 294–303.
  4. Yamamoto, R. T., Teter, C. J., Barros, T. L., McCarthy, E., Mileti, C., Juliano, T., … Kaufman, M. J. (2007). Antiandrogen pretreatment alters cocaine pharmacokinetics in men. Journal of Addiction Medicine, 1(4), 198–204.
  5. Rando, K., Tuit, K., Hannestad, J., Guarnaccia, J., & Sinha, R. (2013). Sex differences in decreased limbic and cortical grey matter volume in cocaine dependence: a voxel-based morphometric study. Addiction Biology, 18(1), 147–60.
  6. Mahoney, J. J., Hawkins, R. Y., De La Garza, R., Kalechstein, A. D., & Newton, T. F. (2010). Relationship between gender and psychotic symptoms in cocaine-dependent and methamphetamine-dependent participants. Gender Medicine, 7(5), 414–421.
  7. Vergara-Moragues, E., Araos Gómez, P., González-Saiz, F., & Rodríguez-Fonseca, F. (2014). Cocaine-induced psychotic symptoms in clinical setting. Psychiatry Research, 217(1-2), 115–120.
  8. de la Fuente, L., Molist, G., Espelt, A., Barrio, G., Guitart, A., Bravo, M. J., & Brugal, M. T. (2014). Mortality risk factors and excess mortality in a cohort of cocaine users admitted to drug treatment in Spain. Journal of Substance Abuse Treatment, 46(2), 219–226.
  9. Origer, A., Lopes da Costa, S., & Baumann, M. (2014). Opiate- and cocaine-related fatal overdoses in Luxembourg from 1985 to 2011: a study on gender differences. European Addiction Research, 20(2), 87–93.
  10. Carroll, M. E., & Smethells, J. R. (2016). Sex Differences in Behavioral Dyscontrol: Role in Drug Addiction and Novel Treatments. Frontiers in Psychiatry, 6:175.
  11. Yonkers, K. A., Forray, A., Nich, C., Carroll, K. M., Hine, C., Merry, B. C., … Sofuoglu, M. (2014). Progesterone for the reduction of cocaine use in post-partum women with a cocaine use disorder: a randomised, double-blind, placebo-controlled, pilot study. The Lancet Psychiatry, 1(5), 360–367.
  12. Sofuoglu, M., Mitchell, E., & Kosten, T. R. (2004). Effects of progesterone treatment on cocaine responses in male and female cocaine users. Pharmacology, Biochemistry, and Behavior, 78(4), 699–705.

Lizenz[Bearbeiten]

Dieser Artikel ist unter der Creative Commons Lizenz veröffentlicht. Den vollen Lizenzinhalt finden Sie hier: https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/legalcode

Autoren[Bearbeiten]

Julia Schreitmüller

Zuletzt geändert: 2017-10-06 10:38:00

Ein Teilgebiet der Medizin, das die Verteilung von Krankheiten in einer Bevölkerung und die damit zusammenhängenden Variablen untersucht.

Die Anzahl neu aufgetretener Krankheitsfälle innerhalb einer definierten Population in einem bestimmten Zeitraum.

Die Häufigkeit einer Krankheit oder eines Symptoms in einer definierten Population zu einem bestimmten Zeitpunkt.

Die Lehre von krankhaft veränderten Körperfunktionen sowie ihrer Entstehung und Entwicklung.

(lat. applicare = anwenden) Verabreichung von Medikamenten

Die erste Hälfte des Menstruationszyklus (erster bis c. a. vierzehnter Tag), während der die Follikel im Eierstock heranwachsen und vermehrt Östrogene produzieren, wodurch sich die Gebärmutterschleimhaut wieder aufbaut.

Anfälligkeit eines Menschen, an bestimmen (meist psychischen) Krankheiten zu erkranken. Bergriff wird i. d. R. in der Psychologie bzw. Psychiatrie verwendet. In anderen medizinischen Fachgebieten spricht man von Prädisposition.

(engl.: craving = Verlangen) Starkes Verlangen nach einer bestimmten Substanzwirkung.

Zwanghaftes Bedürfnis bzw. unwiderstehlicher Drang nach einem bestimmen Stimulus (Reiz), z. B. einer chemischen Substanz (Droge).

Biologisches Geschlecht