Geschlecht und Gewalt - Ein Überblick/Fachartikel


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Epidemiologische Daten[Bearbeiten]

Repräsentative Daten von 2008 ergeben, dass ungefähr jede vierte Frau in Deutschland im Laufe ihres Erwachsenenlebens körperliche und/oder sexuelle Gewalt in Ehe oder Partnerschaft erlebt. Damit erfolgen gewalttätige Übergriffe an Frauen überwiegend im häuslichen Umfeld. Werden Gewalterfahrungen außerhalb der Partnerschaft mit einbezogen, beträgt der Anteil betroffener Frauen, die seit dem 16. Lebensjahr körperliche Gewalt (z. B. Ohrfeigen, Tritte, Faustschläge oder Waffengewalt) erlebt haben, 37 Prozent. Dabei gaben ungefähr ein Drittel der betroffenen Frauen an, mittlere bis schwere Formen von körperlichen Gewalt erlebt zu haben (z. B. lebensgefährliche Verletzungen oder wiederholte Gewaltsituationen). Unter (strafrechtlich relevanten) sexuellen Übergriffen (z. B. Vergewaltigung, versuchte Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung) hatten 13 Prozent (etwa jede siebte Frau) der Befragten (ab 16 Jahre) bereits gelitten. Bezieht man weitere Formen sexualisierter Gewalt mit ein (z. B. schwere sexuelle Belästigung) steigt der Anteil der Betroffenen sexueller Gewalt auf 58 Prozent. 42 Prozent der befragten Frauen waren im Erwachsenenalter bereits psychischer Gewalt ausgesetzt (z. B. Drohungen, Demütigung oder aggressives Anschreien). Eine Übersicht zu Prävalenzen verschiedener Gewalterfahrungen bei Frauen ist Grafik 1 zu entnehmen.[1] [2]


Grafik 1. Lebenszeitprävalenzen von Gewalt gegen Frauen in Deutschland seit dem 16. Lebensjahr. [Quelle: Schröttle & Müller (2004)]
Grafik 2. Lebenszeitprävalenzen von Gewalt gegen Männer in Deutschland seit dem 18. Lebensjahr (nicht repräsentativ). [Quelle: BMFSFJ (2004)]


Lange Zeit wurden von Gewalt betroffene Männer in Studien wenig berücksichtigt.[3] Im öffentlichen Diskurs wird die Verletzbarkeit von Männern oft nicht wahrgenommen und repräsentative Daten existieren derzeit noch nicht. Dennoch legen Studienergebnisse nahe, dass die Viktimisierung durch Gewalt als geschlechterübergreifend zu verstehen ist und Männer unterschiedlicher Kontexte und Altersklassen von Gewalt betroffen sind.[4] So scheinen Männer ungefähr genauso oft wie Frauen, zuweilen sogar öfter, von Gewalt betroffen zu sein.[5] Jugendliche und junge Männer sind dabei nicht nur eine Risikogruppe bezüglich des Ausübens von Gewalttaten, sondern werden auch besonders häufig zu Gewaltopfern. Gewaltkontexte sind dann häufig öffentliche Räume wie die Schule, die Ausbildungsstätte, der Wehrdienst oder auch Freizeiteinrichtungen und Sportvereine. Auch innerhalb der Peergroup kommt es gehäuft zu Gewaltäußerungen. Evaluative (nicht repräsentative) Daten des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) ergeben dabei Folgendes: 40 Prozent der Befragten gaben an, in ihrem Erwachsenenalter von körperlicher Gewalt betroffen gewesen zu sein, 5 Prozent erlebten sexuelle Übergriffe und 58 Prozent waren psychischer Gewalt (vorwiegend im Arbeitskontext) ausgesetzt. 25 Prozent äußerten zudem, schon einmal körperliche Übergriffe in ihrer Partnerschaft erlebt zu haben, wobei dabei eine deutlich geringere Intensität und Häufigkeit im Vergleich zur Viktimisierung bei Frauen zu bestehen scheint.[6] Eine Übersicht der (nicht repräsentativen) Prävalenzen unterschiedlicher Gewaltformen bei Männern ist Grafik 2 zu entnehmen.

Gewalterfahrungen in Kindheit und Jugend können langfristige Gesundheitsprobleme zufolge haben und erhöhen das Risiko auch im Erwachsenenalter unter Gewaltanwendungen zu leiden bzw. selbst TäterIn zu werden. Nach einer Studie des Robert-Koch-Instituts von 2007 scheinen Jungen deutlich häufiger als Mädchen von Gewalt betroffen zu sein (als Täter und als Opfer). Der Geschlechterunterschied ist sowohl bezüglich Opfersein als auch bezüglich TäterInnenschaft hochsignifikant, der genaue Geschlechtervergleich ist Grafik 3 zu entnehmen. Damit zusammenhängend ergibt sich, dass die Gewaltbefürwortung (zur Konfliktbearbeitung) bei Jungen hochsignifikant höher ist als bei Mädchen (bei beiden Geschlechtern nimmt diese Gewaltbefürwortung mit dem Alter hochsignifikant ab).[7] Mädchen sind ähnlich wie Frauen deutlich häufiger von schwerem sexuellen Missbrauch betroffen als Jungen.[8]

Grafik 3. 12-Monats-Prävalenz von Gewalterfahrungen in Kindheit und Jugend (11-17 Jahre). [Quelle: Schlack & Hölling (2007)]
** p ≤ .01 = hochsignifikanter Geschlechterunterschied


Menschen mit Behinderung sind aufgrund ihrer körperlichen und/oder kognitiven Abhängigkeit oftmals einem besonderem Risiko ausgesetzt von Gewalt betroffen zu sein. Dabei ergibt sich ein ähnlicher Geschlechterunterschied wie in der Gesamtbevölkerung: Während vor allem Frauen unter sexualisierter Gewalt leiden müssen, sind Männer öfter von körperlicher Gewalt betroffen. Allerdings ist der Anteil derer, die von Gewalt betroffen sind, maßgeblich höher als in der Gesamtbevölkerung. Beispielsweise ergibt sich in einer Untersuchung von Hornberg und Schröttle (2013), dass 43 Prozent der Männer in der Gesamtbevölkerung körperlicher Gewalt ausgesetzt sind, bei Männern mit Behinderung sind es 71 Prozent.[9] Zudem sind Frauen mit Behinderung im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung zwei- bis dreimal so häufig von sexueller Gewalt betroffen. Ein besonderes Risiko stellen dabei Versorgungseinrichtungen, aber auch Schulen und Internate dar.[10] Menschen mit Behinderung sind deutlich häufiger psychischer Gewalt ausgesetzt als Menschen ohne Behinderungen, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Auch ist über ein Viertel der Frauen mit Behinderung multipler und wiederholter Gewalt ausgesetzt, während der Anteil betroffener Männer hier bei unter 10 Prozent liegt. Angaben zu Täter und Täterinnen sind in dieser Bevölkerungsgruppe ähnlich wie in der Gesamtbevölkerung: Beeinträchtigte Frauen geben an, häufiger von Personen (Männern oder Frauen) aus dem sozialen Umfeld misshandelt zu werden (oft Angehörige oder der Partner/die Partnerin), beeinträchtigte Männer scheinen dagegen eher Gewalt im öffentlichen Raum ausgesetzt zu sein. Die Studienlage bestätigt, dass Behinderung als Risikofaktor für Gewalterlebnisse gewertet werden kann und damit ein erhöhtes Risiko für weitere Behinderungen besteht.[11]

Festgehalten werden kann, dass bei beiden Geschlechtern ein erheblicher Anteil in Kindheit und/oder im Erwachsenenalter von Gewalt betroffen ist. Dabei sind Männer besonders in Kindheit und Jugend sowie im jungen Erwachsenenalter Betroffene von körperlicher Gewalt, während Frauen zusätzlich im mittleren Alter besonders häufig körperlicher und/oder sexueller Gewalt ausgesetzt sind. Geschlechterunterschiede äußern sich vor allem darin, dass Frauen sehr viel häufiger deutlich schwerere Formen von Gewalt in der Partnerschaft sowie sexuelle Gewalt erleben, während Männer öfter körperlicher Gewalt im öffentlichen Raum ausgesetzt sind. Bezüglich psychischer Gewalt scheinen keine Geschlechterunterschiede in der Häufigkeit vorzuliegen: Beide Geschlechter scheinen in hohem Maß betroffen zu sein, wobei kontextspezifisch noch keine Aussagen getroffen werden können.[12]

Häusliche und sexualisierte Gewalt an Frauen[Bearbeiten]

Kriminalstatistische Auswertung bestätigen: In den meisten Fällen sind es Frauen (82 %), die von Partnerschaftsgewalt betroffen sind und fast die Hälfte dieser Frauen lebte zum Zeitpunkt der Gewaltausübung mit dem Täter in einem Haushalt (49 %). Häusliche Gewalt gegenüber Frauen kommt in allen sozialen Schichten vor und auch die oft vermutete soziale Auffälligkeit der Täter bzw. der Familien, in denen Gewalt ausgeübt wird, ist nur selten zu beobachten. Allein im Jahr 2015 waren über 104 000 Frauen in Deutschland von Partnerschaftsgewalt betroffen. Dabei erlitten die Frauen unterschiedliche Formen der Gewalt: Von vorsätzlicher einfacher Körperverletzung waren über 65 800 Frauen, von Bedrohung über 16 200 Frauen, von gefährlicher Körperverletzung über 11 400 Frauen, von Stalking über 7 900 Frauen und von Mord und Totschlag 331 Frauen betroffen. Bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung in Partnerschaften sind die Betroffenen beinahe zu 100 Prozent weiblich, bei Stalking und Bedrohung in der Partnerschaft sind es fast 90 Prozent. Von vorsätzlicher und einfacher Körperverletzung sowie von Mord und Totschlag in Paarbeziehungen sind 80 Prozent der Betroffenen weiblichen Geschlechts.[13] Als TäterIn werden fast ausschließlich männliche Beziehungspartner genannt. In einer vom BMFSFJ geförderten Untersuchung gaben nur ein Prozent der befragten Frauen an, Übergriffe durch eine Beziehungspartnerin erlebt zu haben. Bezüglich der Höhe von Prävalenzen häuslicher Gewalt kann davon ausgegangen werden, dass es sich zumindest teilweise um Mindestwerte handelt. Besonders bei den stärker tabuisierten Gewaltformen und bei Kontexten im Bereich engster sozialer Beziehungen scheinen Gewaltprävalenzen in Wirklichkeit noch höher zu sein. Im europäischen Vergleich deuten die Prävalenzen von Gewalt an Frauen in Deutschland auf eine mittlere bis hohe Gewaltbetroffenheit hin.[14]

Gewalt im Kontext von Migration und Flucht[Bearbeiten]

Der Zusammenhang zwischen (häuslicher) Gewalt, Migration und Gesundheit wurde bisher nur in wenigen Studien untersucht. Zu berücksichtigen ist dabei unbedingt, dass Frauen und Männer mit Migrationshintergrund eine sehr heterogene Gruppe repräsentieren. Verschiedene Studien belegen einen Zusammenhang zwischen Migrationshintergrund und Gesundheit [15] [16] sowie zwischen Migrationshintergrund und Gewalt.[17] [18] Nach den Ergebnissen einer deutschen Prävalenzstudie sind Frauen mit türkischem Migrationshintergrund im Vergleich zu osteuropäischen Migrantinnen und Frauen ohne Migrationshintergrund in einem höherem Maß von schwerer körperlicher und/oder sexueller Gewalt mit Verletzungsfolgen in der Partnerschaft betroffen. Im öffentlichen Raum erfuhren beide Migrantinnengruppen deutlich häufiger als Nicht-Migrantinnen psychische Gewalt und Diskriminierung. Eine nichtrepräsentative Studie mit Asylbewerberinnen ergab, dass diese im Vergleich zu anderen Befragungsgruppen am stärksten von Gewalt in unterschiedlichen Lebensbereichen betroffen waren.[19] Die Gewalterfahrungen waren dabei nicht auf häusliche Gewalt beschränkt, sondern schlossen vielfältige psychische, körperliche und sexualisierte Übergriffe durch unbekannte Personen, durch MitbewohnerInnen in Gemeinschaftsunterkünften sowie durch MitarbeiterInnen und Betreuungspersonen in Ämtern, Schulen, Behörden und Hilfseinrichtungen ein.[20] Zudem ist bei Asylbewerbern und Asylbewerberinnen häufig von vergangenen Gewalterfahrungen und Traumatisierungen im Kontext von Krieg, Verfolgung und Flucht auszugehen, so dass die Prävalenz Posttraumatischer Belastungsstörung entsprechend hoch ist.[21]

Wichtig ist, dass die oft unterstellte und teilweise auch reale Legitimierung von Gewalt gegen Frauen in bestimmten Kultur- und Religionszusammenhängen die höhere Gewaltbetroffenheit von Migrantinnen nicht hinreichend erklärt. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass kumulative Belastungen durch Faktoren wie Minoritätenstatus, ungesicherter Aufenthaltsstatus, mangelnde Integration, finanzielle Probleme, Arbeitslosigkeit, beengte Wohnverhältnisse, Statusverlust sowie fehlende soziale Netzwerke Gewalt deutlich begünstigen.[22] [23] Die häufige finanzielle Abhängigkeiten der Migrantinnen von ihren Ehemännern erschweren zusätzlich das Herauslösen aus gewaltbelasteten Partnerschaften.[24] Dies gilt vor allem für illegal eingereiste Migrantinnen und Frauen ohne eigenständigen Aufenthaltsstatus. Besonders Zwangsprostitution und Zwangsehen bilden dabei Kontexte, die besonders gewaltgeprägt sind.[25]

Folgen von Gewalterfahrungen[Bearbeiten]

Studien belegen einen (multifaktoriellen) Zusammenhang zwischen gegenwärtigen oder vergangenen Gewalterfahrungen und physischen und/oder psychischen Gesundheitsproblemen mit erheblichen Einbußen in der Lebensqualität.[26] [27] Besonders Gewalt in der Kindheit sowie kumultative Gewalterlebnisse können den Gesundheitszustand negativ beeinflussen.[28] Über 75 Prozent der Betroffenen köperlicher Gewalt und 60 Prozent der Betroffenen psychischer Gewalt gaben in einer Studie an, dass ihr Wohlergehen durch die Gewalterfahrung(en) stark oder sehr stark beeinträchtigt wurde.[29] Dabei lässt sich zwischen kurz-, mittel- und langfristigen Gesundheitsfolgen unterscheiden. Kurzfristige bzw. unmittelbare Folgen umfassen unter anderem akute Verletzungen und/oder direkte psychosoziale Folgeprobleme wie Gefühle von Angst und Bedrohung, erhöhter Alkohol- oder Medikamentenkonsum sowie allgemeiner Distress (negativer Stress). Frauen scheinen infolge von schweren Misshandlungen in der Partnerschaft häufig wiederholt starke Verletzungen (z. B. Frakturen) zu erleiden. Aufgrund sexualisierter Gewalt treten bei Frauen zudem oft vaginale oder anale Verletzungen auf.

Die extremste Form direkter Gewaltfolgen sind Verletzungen mit Todesfolge. Orientierend an den angezeigten Straftaten sind hier Männer häufiger betroffen als Frauen. Ausnahme bildet dabei die Tötung im Zusammenhang mit Sexualdelikten, bei denen Frauen deutlich häufiger Todesopfer werden.[30]

Als mittel- und langfristige Folgen lassen sich somatische, psychosomatische und psychische Symptomatiken identifizieren, die oft chronischen Charakter annehmen und zeitlich verzögert auftreten können.[31] [32] Frauen scheinen dabei häufiger mit Depressionen, Posttraumatischer Belastungsstörung oder Angsterkrankungen zu reagieren, während Männer öfter externale Verhaltensweisen (z. B. Suchtmittelmissbrauch) zeigen. Außerdem erleiden Frauen häufiger schwere Verletzungen und sind öfter von Behinderungen infolge von Gewalt betroffen. Sekundärnalysen der deutschen Repräsentativen Studie zur Gewalt gegen Frauen des BMFSFJs zeigen, dass Zusammenhänge zwischen vergangenen Gewalterfahrungen und verschiedenen Schmerzsyndromen, Herz-Kreislauf-Problemen, zerebralen und gynäkologischen Beschwerden sowie dermatologischen Erkrankungen bestehen.[33] [34]

Nachfolgende Tabelle (Tabelle 2) stellt mögliche Folgen von Gewalterfahrungen dar, die sich aus Studien zu Gewalt an Frauen und Mädchen ergeben.

Tabelle 2. Gesundheitliche Folgen von Gewalt an Mädchen und Frauen. [Quelle: Hornberg et al. (2008)]

Nicht tötliche Folgen
Körperliche Folgen
  • Verletzungen
  • Funktionelle Beeinträchtigungen
  • Dauerhafte Behinderungen
(Psycho)somatische Folgen
Psychische Folgen
Gesundheitsgefährdende Bewältigungsstrategien
Reproduktive Gesundheitsfolgen
  • Eileiter-/Eierstockentzündungen
  • Sexuell übertragbare Krankheiten
  • Ungewollte Schwangerschaften
  • Schwangerschaftskomplikationen
  • Fehlgeburten
  • Niedriges Geburtsgewicht des Säuglings
Tödliche Folgen
  • Tödliche Verletzungen
  • Tötung
  • Suizid

Frauen, die unter sexualisierter Gewalt leiden mussten bzw. müssen, zeigen häufig ungeklärte Symptome der Fortpflanzungsorgane, werden (wiederholt) ungewollt schwanger und entscheiden sich öfter für Schwangerschaftsabbrüche. Oft nehmen die betroffenen Frauen die Schwangerenvorsorge erst sehr spät in Anspruch, was die Gesundheit von Mutter und Kind gefährden kann. Langzeitfolgen von Vergewaltigungen können zudem chronische Urogenitalsymptome (z. B. häufige Nieren- und Blaseninfektionen), rezidivierende vaginale Blutungen, sexuell übertragbare Krankheiten (z. B. HIV) oder auch Unfruchtbarkeit sein.[35] Dazu kommen häufig (psycho)somatische Probleme wie Kopf- und Bauchschmerzen, Magen-Darmprobleme, Nervosität und Schwindel, Atemprobleme oder auch Blutdruckschwankungen. Ungefähr die Hälfte der Betroffenen von sexualisierter Gewalt entwickeln eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS).

Um gesundheitlichen (Langzeit)folgen durch Gewalterfahrungen verhindern zu können, besteht die absolute Notwendigkeit, Betroffene im medizinischen Setting frühzeitig zu erkennen und eine sensible Versorgung zu gewährleisten.[36] Für die Sensibilisierung von medizinischem Fachpersonal bezüglich häuslicher Gewalt wurden von Seifert et al. (2006) typische Körperregionen definiert, an denen man üblicherweise Verletzungen dieser Art findet (vergleiche Tabelle 1).[37]

Tabelle 1. Typische Körperregionen, an denen man üblicherweise durch häusliche Gewalt verursachte Verletzungen findet. [Quelle: Seifert, Heinemann & Püschel (2006)].

Typische Verletzungsregionen
Hirnschädel: Kopfhaar gelichtet (Follikelhämatom?), Hämatome, Platz-/Risswunden
Gesicht, Orbita, Hirnschädel: Hämatome (Handabdruck?), Kratz-, Bissspuren, Schürfungen,

Frakturen, Lippen-/Mundvorraum-/Zahnverletzungen, Verletzungen an der Ohrmuschel

Bindehäute der Augen, Mundschleimhaut, Gesichtshaut Petechiale Einblutungen bei Strangulation
Hals: Hautabschürfungen, Hämatome durch Kratzen, Würgen, Drosseln (eventuell mit Abdruckmarke),

(Heiserkeit, Schluckbeschwerden)

Streckseiten der Arme: Hämatome unterschiedlichen Alters, als Abwehrverletzungen auch

Schnitte, Stich beugeseitig, Schürfungen

Hände: Schnittwunden als Abwehrverletzungen, Nagelränderbrüche
Brüste: Hämatome, Bissspuren
Rücken: Widerlagerverletzungen, Schürfungen über Aufliegeseiten
Innenseite Oberschenkel, Gesäß: Hämatome
Beispiele spezieller Verletzungen
  • Geformte Abdruckmarken, zum Beispiel von Gürtelschnalle, Schlagwerkzeug, Doppelstreifenkonturen?
  • Zigaretten-Brandwunden (zirkuläre 5–15 mm), -narben
  • Oberflächliche Stich-/Schnittverletzungen

Gegenwärtige Situation und Ausblick[Bearbeiten]

Gewalt im privaten und öffentlichen Raum wird als eines der weltweit größten Gesundheitsrisiken für Frauen und Kinder eingestuft und ist mit enormen gesundheitlichen Folgen assoziiert. Dabei wurde sexualisierte und häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder erstmals durch die Frauenbewegung der 1970er Jahre thematisiert und auch dann dauerte es beinahe weitere 20 Jahre bis dieses Themenfeld auf nationaler und internationaler Ebene (z. B. durch die WHO) als erhebliches gesellschaftliches Problem wahrgenommen und diskutiert wurde. Heute ist offensichtlich, dass sich die Notwendigkeit zur Prävention und Intervention allein aus den hohen Prävalenzzahlen von Gewalterfahrungen bei Frauen, aber auch bei Männern ergibt. Komplexe Problemsituationen, wie häusliche und/oder sexualisierte Gewalt, erfordern vielschichtige Interventionen, innerhalb derer die Gesundheitsversorgung eine zentrale Rolle einnimmt. Aktuelle Versorgungskonzepte konzentrieren sich in Deutschland auf das frühzeitige Erkennen von Gewalt, eine adäquate Vernetzung der Akteure (z. B. medizinische Praxen und Beratungsstellen) und verhältnisbezogene Hilfe. Die deutliche Mehrheit dieser Hilfsmaßnahmen bezieht sich dabei auf Frauen als Gewaltbetroffene.

Dennoch ergeben sich auch für Frauen immer noch zahlreiche Versorgungsdefizite. Die WHO formulierte 2013 evidenzbasierte Leitlinien für den Umgang mit häuslicher und sexualisierter Gewalt an Frauen in Versorgung, Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie der Gesundheitspolitik (in deutscher Übersetzung vom S.I.G.N.A.L e. V.). Aus diesen Leitlinien ergibt sich für Deutschland der Bedarf, bundesweite fachliche Standards für die gesundheitliche Versorgung bei häuslicher und sexueller Gewalt zu entwickeln, einen (gesetzlichen) Versorgungsauftrag für die Gesundheitsversorgung zu formulieren und eine systematische curriculare Verankerung in der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Gesundheitsberufe zu fördern. Auch sollten Maßnahmen der Qualitätssicherung sowie eine systematische Überprüfung der praktischen Umsetzung etabliert werden.[38]

Begegnet wurde den Versorgungsdefiziten gewaltbetroffener Frauen beispielsweise im Projekt Medizinische Interventionen gegen Gewalt an Frauen (MIGG):[39] In fünf Regionen Deutschlands wurden Ärztinnen und Ärzte hinsichtlich des Erkennens und Ansprechens gewaltbetroffener Frauen, der Dokumentation sowie des Umgangs mit den Patientinnen geschult und mit Hilfeeinrichtungen vernetzt. Außerdem wurde ein Implementierungsleitfaden zur Einführung der Interventionsstandards in die medizinische Versorgung von Frauen herausgearbeitet. Um die medizinische Versorgung von Gewaltbetroffenen zu verbessern, hat das BMFSFJ eine Informationsmappe für Gesundheitsfachkräfte (Häusliche Gewalt: Erkennen und Helfen) erstellt, bei der ein besonderer Schwerpunkt auf der Vermittlung der Erkenntnisse des MIGG-Projekts liegt. Derzeit wird das Projekt in leicht modifizierter Form unter dem Namen Gewinn Gesundheit(R) [40] in fünf Regionen NRWs umgesetzt.

Hinsichtlich der großen Anzahl männlicher Betroffener gilt es, auch das Angebot für Männer schnellstmöglich auszubauen bzw. Angebote vermehrt geschlechtersensibel zu gestalten. Außerdem sollten besonders vulnerable bzw. gefährdete Personengruppen stärker berücksichtigt werden: Dazu gehören Menschen mit Behinderungen, Menschen im hohen Alter bzw. mit Pflegebedarf, Menschen mit ungesichertem Aufenthalts- oder Minoritätenstatus, Menschen in sozioökonomischen Mangellagen, Frauen, die in traditionell patriarchalisch strukturierte Familienverbänden leben, sowie Menschen, die sich in Institutionen mit spezifischen Abhängigkeiten befinden (z. B. Haftanstalten).

Um gut evaluierte Präventions- und Interventionsangebote bereitstellen und die (langfristige) Wirkung von Gewalt auf die Gesundheit geschlechtersensibel interpretieren zu können, sollte weitere Forschung diesbezüglich stattfinden. Erst dann wird die Versorgungssituationen für Frauen und Männer mit Gewalterfahrungen deutlich verbessert werden können.[41] [42]

Externe Links/Informationen für Gesundheitsfachkräfte[Bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten]

Klicken Sie auf "Ausklappen" um die Literaturverweise anzuzeigen.

  1. Schröttle M, Müller U (2004) Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Eine repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland. Im Auftrag des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Kurz- und Langfassungen dieser und der folgenden Dokumentationen unter: www.bmfsfj.de/Kategorien/Forschungsnetz/forschungsberichte,did=20560.html
  2. Hornberg, C., Schröttle, M., Khelaifat, N., Pauli, A., & Bohne, S. (2008). Themenheft 42" Gesundheitliche Folgen von Gewalt" Unter besonderer Berücksichtigung von häuslicher Gewalt gegen Frauen.
  3. Hornberg, C., Schröttle, M., Khelaifat, N., Pauli, A., & Bohne, S. (2008). Themenheft 42" Gesundheitliche Folgen von Gewalt" Unter besonderer Berücksichtigung von häuslicher Gewalt gegen Frauen.
  4. Jungnitz L, Lenz HJ, Puchert R et al. (Hrsg) (2007) Gewalt gegen Männer. Personale Gewaltwiderfahrnisse von Männern in Deutschland. Verlag Barbara Budrich, Opladen
  5. Kury H, Dörmann, U, Richter H et al. (1996) Opfererfahrung und Meinungen zur inneren Sicherheit in Deutschland. Ein empirischer Vergleich von Viktimisierungen, Anzeigeverhalten und Sicherheitseinschätzung in Ost- und West vor der Vereinigung. Bundeskriminalamt, Wiesbaden.
  6. Forschungsverbund (2004) Gewalt gegen Männer. Personale Gewaltwiderfahrnisse von Männern in Deutschland. Abschlussbericht der Pilotstudie im Auftrag des BMFSFJ. Berlin www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/Kategorien/Forschungsnetz/forschungsberichte.html
  7. Schlack, R., & Hölling, H. (2007). Gewalterfahrungen von Kindern und Jugendlichen im subjektiven Selbstbericht. Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung-Gesundheitsschutz, 50(5-6), 819-826.
  8. Häuser, W., Schmutzer, G., Brähler, E., & Glaesmer, H. (2011). Misshandlungen in Kindheit und Jugend. Deutsches Ärzteblatt, 108, 17.
  9. Schröttle, M., & Hornberg, C. (2013). Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen in Deutschland. Ergebnisse der quantitativen Befragung. Endbericht. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.). Berlin: BMFSFJ.
  10. Schröttle, M., Hornberg, C., Neder, N., Mecke, D., Elli, O., & Vogt, K. (2014). Gewalterfahrungen von in Einrichtungen lebenden Frauen mit Behinderungen-Ausmaß, Risikofaktoren, Prävention. Interdisziplinäres Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung (IFF) der Universität Bielefeld im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
  11. Schröttle, M., & Hornberg, C. (2013). Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen in Deutschland. Ergebnisse der quantitativen Befragung. Endbericht. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.). Berlin: BMFSFJ.
  12. Hornberg, C., Schröttle, M., Khelaifat, N., Pauli, A., & Bohne, S. (2008). Themenheft 42" Gesundheitliche Folgen von Gewalt" Unter besonderer Berücksichtigung von häuslicher Gewalt gegen Frauen.
  13. BMFSFJ: Presse­mitteilung. Wenn das eigene Zuhause nicht sicher ist – Gewalt in Paarbeziehungen. https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/presse/pressemitteilungen/wenn-das-eigene-zuhause-nicht-sicher-ist---gewalt-in-paarbeziehungen/112658, 22.11.2016
  14. Müller, U., Schöttle, M., Hess, D., & Prussog-Wagner, A. (2004). Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland.
  15. Schröttle M, Khelaifat N (2008) Gesundheit – Gewalt – Migration: Eine vergleichende Sekundäranalyse zur gesundheitlichen Gewaltsituation von Frauen mit und ohne Migrationshintergrund in Deutschland. Ein Forschungsprojekt des Interdisziplinären Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung (IFF) der Universität Bielefeld im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Veröffentlichung der Kurz- und Langfassung im Internet unter: www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/Kategorien/Forschungsnetzforschungsberichte,did=108722.html
  16. Spallek J, Razum O (2007) Gesundheit von Migranten: Defizite im Bereich der Prävention. Medizinische Klinik 102 (6): 451–456.
  17. Schröttle M, Khelaifat N (2008) Gesundheit – Gewalt – Migration: Eine vergleichende Sekundäranalyse zur gesundheitlichen Gewaltsituation von Frauen mit und ohne Migrationshintergrund in Deutschland. Ein Forschungsprojekt des Interdisziplinären Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung (IFF) der Universität Bielefeld im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Veröffentlichung der Kurz- und Langfassung im Internet unter: www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/Kategorien/Forschungsnetzforschungsberichte,did=108722.html
  18. Raj A, Silverman JG (2003) Immigrant South Asian women at greater risk for injury from intimate partner violence. American Journal of Public Health 93 (3): 435–437
  19. Schröttle M, Khelaifat N (2008) Gesundheit – Gewalt – Migration: Eine vergleichende Sekundäranalyse zur gesundheitlichen Gewaltsituation von Frauen mit und ohne Migrationshintergrund in Deutschland. Ein Forschungsprojekt des Interdisziplinären Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung (IFF) der Universität Bielefeld im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Veröffentlichung der Kurz- und Langfassung im Internet unter: www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/Kategorien/Forschungsnetzforschungsberichte,did=108722.html
  20. Schröttle M, Müller U (2004) Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Eine repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland. Im Auftrag des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Kurz- und Langfassungen dieser und der folgenden Dokumentationen unter: www.bmfsfj.de/Kategorien/Forschungsnetz/forschungsberichte,did=20560.html
  21. Gäbel U, Ruf M, Schauer M et al. (2005) Prävalenz der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD) und Möglichkeiten der Ermittlung in der Asylverfahrenspraxis. Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie 35 (1): 12–20.
  22. Hague G, Gangoli G, Joseph H et al. (2006) Domestic violence, marriage and immigration: if you are immigrating into the UK to marry, what you might need to know. The Violence Against Women Research Group, University of Bristol, Bristol.
  23. Belser K (2005) Häusliche Gewalt kommt in allen Kreisen vor – nur in manchen vielleicht etwas häufiger. Häusliche Gewalt und Migration: Einführung zum Schwerpunktthema. Frauenfragen 1/2005. IVAWS, Bern. www.frauenkommission.ch/pdf/Belser_d.pdf
  24. Erez E, Hartley CC (2003) Battered immigrant women and the legal system: a therapeutic jurisprudence perspective. Western Criminology Review 4: 155–169
  25. Hornberg, C., Schröttle, M., Khelaifat, N., Pauli, A., & Bohne, S. (2008). Themenheft 42" Gesundheitliche Folgen von Gewalt" Unter besonderer Berücksichtigung von häuslicher Gewalt gegen Frauen.
  26. Arias I (2004) The legacy of child maltreatment: long-term health consequences for women. Journal of Women’s Health 13 (5): 468–473
  27. Campbell J (2002) Health consequences of intimate partner violence. Lancet 359(9314): 1331–1336
  28. Campbell J, Jones AS, Dienemann J et al. (2002). Intimate partner violence and physical health consequences. Archives of Internal Medicine 162 (10): 1157–1163
  29. Schlack, Robert, et al. "Körperliche und psychische Gewalterfahrungen in der deutschen Erwachsenenbevölkerung." Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung-Gesundheitsschutz 56.5-6 (2013): 755-764.
  30. Statistisches Bundesamt (2014). Opfer von Straftaten (Anzahl). Gliederungsmerkmale: Jahre, Deutschland, Altergruppen, Geschlecht, Tatabschluss, Straftaten(gruppen). Ad-hoc-Tabelle.
  31. Martinez M, Schröttle M, Condon S et al. (2006) State of European research on the prevalence of interpersonal violence and its impact on health and human rights. CAHRV – Report 2006. Coordination Action on Human Rights Violations funded through the European Commission, 6th Framework Programme, Project No. 506348 www.cahrv.uni-osnabrueck.de
  32. Martinez M, Schröttle M, Condon S et al. (2007) Perspectives and standards for good practice in data collection on interpersonal violence at European Level. CAHRV – Report 2007. Co-ordination Action on Human Rights Violations funded through the European Commission, 6th Framework Programme, Project No. 506348. Veröff. ab Dezember 2007 www.cahrv.uni-osnabrueck.de/reddot/190.htm
  33. Hornberg, C., Schröttle, M., Khelaifat, N., Pauli, A., & Bohne, S. (2008). Themenheft 42" Gesundheitliche Folgen von Gewalt" Unter besonderer Berücksichtigung von häuslicher Gewalt gegen Frauen.
  34. Schröttle M, Müller U (2004) Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Eine repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland. Im Auftrag des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Kurz- und Langfassungen dieser und der folgenden Dokumentationen unter: www.bmfsfj.de/Kategorien/Forschungsnetz/forschungsberichte,did=20560.html
  35. Wheeler, J., Anfinson, K., Valvert, D., & Lungo, S. (2014). Is violence associated with increased risk behavior among MSM? Evidence from a population-based survey conducted across nine cities in Central America. Global health action, 7.
  36. Rüweler M, Ernst C, Wattenberg I, Hornberg C (2016). Geschlechterunterschiede bei Gewalterfahrungen und -auswirkungen. In P. Kolip & K. Hurrelmann (Eds.), Programmbereich Gesundheit. Handbuch Geschlecht und Gesundheit. Männer und Frauen im Vergleich (2nd ed.). Bern: Hogrefe.
  37. Seifert, D., Heinemann, A., & Püschel, K. (2006). Frauen und Kinder als Opfer häuslicher Gewalt. Deutsches Ärzteblatt 103(33), A2168-2173.
  38. Wieners, K., & Winterholler, M. (2016). Häusliche und sexuelle Gewalt gegen Frauen. Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung-Gesundheitsschutz, 59(1), 73-80.
  39. Neue Wege in der gesundheitlichen Versorgung von Frauen. Häusliche Gewalt: erkennnen und helfen. http://www.gesundheit-und-gewalt.de/migg, Stand: 16.12.2016
  40. Gewinn Gesundheit. Gewaltintervention im Netz. http://www.gewinngesundheit.de/gewinn-gesundheit%C2%AE-nrw. Stand: 15.12.2016
  41. Rüweler M, Ernst C, Wattenberg I, Hornberg C (2016). Geschlechterunterschiede bei Gewalterfahrungen und -auswirkungen. In P. Kolip & K. Hurrelmann (Eds.), Programmbereich Gesundheit. Handbuch Geschlecht und Gesundheit. Männer und Frauen im Vergleich (2nd ed.). Bern: Hogrefe.
  42. Hornberg, C., Schröttle, M., Khelaifat, N., Pauli, A., & Bohne, S. (2008). Themenheft 42" Gesundheitliche Folgen von Gewalt" Unter besonderer Berücksichtigung von häuslicher Gewalt gegen Frauen.

Quiz[Bearbeiten]







  

1

Es existieren verschieden epidemiologische Studien zum Thema Geschlecht und Gewalt. Welche Aussagen werden durch die derzeitige Datenlage gestützt?

Jungen und junge Männer werden öfter als Mädchen und junge Frauen sowohl Täter als auch Opfer von Gewalttaten.
Frauen erleben deutlich häufiger schwere Formen von Gewalt in der Partnerschaft sowie sexuelle Gewalt.
Männer sind öfter körperlicher Gewalt im öffentlichen Raum ausgesetzt.
Frauen scheinen deutlich häufiger als Männer von psychischer Gewalt betroffen zu sein.

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Menschen mit Behinderung sind oftmals einem besonderem Risiko ausgesetzt, von Gewalterfahrungen betroffen zu sein. Welche Aussagen sind diesbezüglich richtig?

Genau wie in der Gesamtbevölkerung leiden Frauen mit Behinderung deutlich häufiger unter sexualisierter Gewalt.
Der Anteil derer, die von Gewalt betroffen sind, ist bei Frauen mit Behinderung maßgeblich höher als in der Gesamtbevölkerung, bei Männern mit Behinderung unterscheidet er sich dagegen nur geringfügig.
Während beeinträchtigte Frauen häufiger von Personen aus dem sozialen Umfeld misshandelt werden, sind beeinträchtigte Männer eher Gewalt im öffentlichen Raum ausgesetzt.
Menschen mit Behinderung scheinen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung nicht maßgeblich öfter psychischer Gewalt ausgesetzt zu sein. Ein Unterschied zwischen den Geschlechtern existiert zudem nicht.

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Gewalterfahrungen können eine Reihe von schwerwiegenden kurz-, mittel- und langfristigen Folgen haben. Welche geschlechterspezifischen Aspekte ergeben sich diesbezüglich?

Frauen werden häufiger als Männer zu Todesopfern aufgrund von Gewalteinwirkung.
Frauen scheinen auf Gewalterfahrungen häufiger mit Depressionen, Posttraumatischer Belastungsstörung oder Angsterkrankungen zu reagieren, während Männer öfter mit dem Missbrauch von Suchtmitteln beginnen.
Frauen erleiden häufiger schwere Verletzungen und sind öfter von Behinderungen infolge von Gewalt betroffen.
Paradoxerweise geben weniger als die Hälfte derjenigen Personen, die von Gewalt betroffen waren, an, dass ihr Wohlergehen durch die Gewalterfahrung maßgeblich beeinträchtigt wurde.

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Die Häufigkeit einer Krankheit oder eines Symptoms in einer definierten Population zu einem bestimmten Zeitpunkt.

Zwanghaftes Bedürfnis bzw. unwiderstehlicher Drang nach einem bestimmten Stimulus (Reiz), z. B. einer chemischen Substanz (Droge).

(RDS) Gastroenterologisches Krankheitsbild, das durch diffuse abdominelle Beschwerden charakterisiert wird und oft auf psychosomatischen Faktoren beruht.