Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung/Einführung


Lange Zeit wurde ADHS vor allem als typische Erkrankung des männlichen Geschlechts (v. a. von Jungen) eingestuft. Inzwischen existieren Forschungsarbeiten, die eine differenziertere Perspektive einnehmen und Geschlechterunterschiede bei ADHS analysieren.[1]

In Deutschland leiden knapp fünf Prozent der Kinder und Jugendlichen unter einer diagnostizierten ADHS. Dabei wird die Störung bei Jungen mit knapp acht Prozent deutlich häufiger diagnostiziert als bei Mädchen mit unter zwei Prozent.[2] ADHS bei Mädchen und Frauen gilt als versteckte Störung, da die „weibliche“ Symptomatik oft weniger offensichtlich ist als dies bei Jungen und Männern der Fall ist.[3] Grund dafür ist vor allem, dass betroffene Jungen und Männer meist stärker ausgeprägte hyperaktive und impulsive Verhaltensweisen zeigen. Häufig reagieren sie auch mit Aggressionen oder haben Probleme im Sozialverhalten. [4] ADHS bei Mädchen und Frauen äußert sich dagegen eher in Aufmerksamkeitsschwierigkeiten. Der hohe Stellenwert von Symptomen wie Impulsivität und Hyperaktivität in der ADHS-Diagnostik kann dann zu einer Verzerrung des Geschlechterverhältnisses führen: Zum Beispiel fällt im Schulalltag impulsives oder aggressives Verhalten bei Jungen deutlich stärker auf und wirkt „störender“ als Unaufmerksamkeit oder "indirekt" aggressives (z. B. manipulatives) Verhalten bei Mädchen.[5] [6] Interessant ist dabei, dass sich die objektive Schulleistung (anhand von Leistungstests) zwischen den Geschlechtern nicht unterscheidet, Lehrer und Lehrerinnen Schülern mit ADHS mehr schulische Probleme zuschreiben als Schülerinnen mit ADHS.


Folge ist dann eine frühzeitigere Diagnose und Behandlung von Jungen im Vergleich zu Mädchen. Dass ADHS bei Jungen mindestens doppelt so häufig diagnostiziert wird wie bei Mädchen kann damit nicht nur auf ein unterschiedlich hohes Erkrankungsrisiko zurückgeführt werden, sondern auch auf einen Mangel an geschlechtergerechter Diagnostik.[7]

Literatur[Bearbeiten]

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  1. Konrad K, Günther T. Ursachen der Geschlechtsunterschiede in der Prävalenz der Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitäts-Störung. In: Lautenbacher S, Güntürkün O, Hausmann M, editors. Gehirn und Geschlecht: Neurowissenschaft des kleinen Unterschieds zwischen Frau und Mann. Heidelberg: Springer; 2007. p. 223–40.
  2. Schlack R, Hölling H, Kurth B, Huss M. Die Prävalenz der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Erste Ergebnisse aus dem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS). Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz 2007; 50(5-6):827–35.
  3. Quinn PO. Treating adolescent girls and women with ADHD: gender-specific issues. Journal of Clinical Psychology 2005; 61(5):579–87.
  4. Seidman LJ. Neuropsychological functioning in people with ADHD across the lifespan. Clinical Psychology Review 2006; 26(4).
  5. Maniadaki K, Sonuga Barke E, Kakouros E, Karaba R. Maternal emotions and self-efficacy beliefs in relation to boys and girls with AD/HD. Child Psychiatry and Human 2005; 35(3):245–63.
  6. Abikoff HB, Jensen PS, Arnold LL, Hoza B, Hechtman L, Pollack S. Observed Classroom behavior of children with ADHD: relationship to gender and comorbidity. Journal of Abnormal Child Psychology; 30:349–59.
  7. Konrad K, Günther T. Ursachen der Geschlechtsunterschiede in der Prävalenz der Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitäts-Störung. In: Lautenbacher S, Güntürkün O, Hausmann M, editors. Gehirn und Geschlecht: Neurowissenschaft des kleinen Unterschieds zwischen Frau und Mann. Heidelberg: Springer; 2007. p. 223–40.
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(Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) Gehört zur Gruppe der Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend und äußert sich durch Probleme mit Aufmerksamkeit, Impulsivität und Selbstregulation sowie eventuell durch ausgeprägte körperliche Unruhe.

Die Häufigkeit einer Krankheit oder eines Symptoms in einer definierten Population zu einem bestimmten Zeitpunkt.

(ADHS) Gehört zur Gruppe der Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend und äußert sich durch Probleme mit Aufmerksamkeit, Impulsivität und Selbstregulation sowie eventuell durch ausgeprägte körperliche Unruhe.