Alkoholabhängigkeit/Fachartikel

Epidemiologie[Bearbeiten]

Inzidenz/Prävalenz
In Deutschland trinken Männer häufiger und in größeren Mengen als Frauen: 15.6 Prozent der Männer und 12.8 Prozent der Frauen berichten von riskantem Konsum innerhalb eines Jahres. Auch beim Rauschtrinken ist die 12-Monats-Prävalenz bei Männern mit 46.8 Prozent sehr viel höher als bei Frauen mit knapp 22 Prozent. Sowohl Alkoholmissbrauch mit 4.7 Prozent (vs. 1.5 Prozent bei Frauen) als auch Abhängigkeit mit 4.8 Prozent (vs. zwei Prozent bei Frauen) ist bei Männern deutlich häufiger vertreten (beides nach DSM-IV-Kriterien).[1] Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit kommen am häufigsten im jungen Erwachsenenalter vor und nehmen mit dem Alter stetig ab. Vor einem Alter von 18 sind Häufigkeit und Ausmaß des Alkoholkonsums für beide Geschlechter sehr ähnlich. Die männliche Dominanz entwickelt sich dann erst im Erwachsenenalter.[2]  Die 12-Monats-Prävalenzen des Missbrauchs und der Abhängigkeit von Alkohol sind Grafik 1 zu entnehmen.

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Grafik 1. Prävalenz alkoholbezogener Störungen nach DSM-IV. Unterteilt nach Männern (n = 3906)                                  und Frauen (n = 5108). [Quelle: GenderMed-Wiki, nach Pabst et al. (2013)] 

Risikofaktoren und protektive Faktoren[Bearbeiten]

Informationen zu Riskofaktoren und protektiven Faktoren von Substanzgebrauchsstörungen finden Sie hier.

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Pathophysiologie[Bearbeiten]

Frauen zeigen eine erhöhte Vulnerabilität für die toxischen Effekte von Alkohol. Teilweise scheint dies damit zusammenzuhängen, dass Frauen beim Trinken derselben Menge einen höheren Alkoholspiegel erreichen, ihre Konzentration von Alkoholdehydrogenase niedriger ist und damit ihr Alkoholstoffwechsel langsamer als bei Männern abläuft.Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.</ref> Auch bei vergleichbarem Alkoholspiegel äußern Frauen signifikant häufiger kognitive Beeinträchtigungen, Schläfrigkeit oder Schlafstörungen. Männer reagieren dagegen aggressiver als Frauen bei ähnlichem Alkoholspiegel.Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag. </ref>Frauen haben ein höheres Risiko für Lebererkrankungen (u. a. Leberzirrhose) infolge von Alkoholkonsum. Zudem wird das weibliche Herz schneller durch Alkohol angegriffen, was sich daran zeigt, dass Frauen schon nach vergleichsweise geringerem Alkoholkonsum (bezogen auf das gesamte Leben) eine alkoholische Kardiomyopathie entwickeln können. Auch die Wahrscheinlichkeit, an bestimmten Formen von Krebs zu erkranken, variiert je nach Geschlecht:Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.N., & Weiderpass, E. (2015). Alcohol as a risk factor for cancer: Existing evidence in a global perspective. Journal of Preventive [3]</ref> Durch Alkoholkonsum erhöht sich besonders bei Frauen das Risiko für Brustkrebs, während bei Männern das Risiko für Krebs im Mund- und Rachenraum sowie in der Speiseröhre steigt. Die Sterblichkeitsrate erhöht sich bei Frauen schon bei einem Konsum ab zweieinhalb Gläsern täglich, während dies bei Männern erst ab einem Konsum von viereinhalb Gläsern täglich beobachtet wird.Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag. </ref>Spezielle Risiken für Frauen bestehen während der Schwangerschaft. Alkoholkonsum wird u. a. mit spontanen Fehlgeburten oder dem Entwickeln einer Störung aus dem Bereich des Fetalen Alkoholsyndroms assoziiert.[4]

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Klinik[Bearbeiten]

Symptome[Bearbeiten]

Frauen geben häufiger Coping als Grund für Alkoholkonsum an (Alkoholkonsum als Bewältigungsstrategie), während Männer eher Vergnügen als Motivation nennen.Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.</ref></ref>

Diagnostik
Informationen zur Diagnostik von Substanzgebrauchsstörungen erhalten Sie hier.
Management von Patienten und Patientinnen

Therapie[Bearbeiten]

Interaktion zwischen Arzt/Ärztin und Patient/Patientin[Bearbeiten]

Informationen zur Interaktion zwischen ärztlichem Personal und Patienten sowie Patientinnen bei Substanzgebrauchsstörungen erhalten Sie hier.

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Behandlungserfolg/Outcome[Bearbeiten]

Pharmakotherapie[Bearbeiten]

Tabelle 1. Geschlechterunterschiede in der Wirkung verschiedener Medikamente bei Alkoholabhängigkeit.

MedikamentGeschlechterspezifische Wirkung
Naltrexon
Für Naltrexon ergibt sich eine unklare Studienlage, ob Effektivitätsunterschiede zwischen den Geschlechtern bestehen.Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.</ref> Verschiedene Studien belegen für beide Geschlechter reduzierten Konsum und geringeres Craving durch die Einnahme von Naltrexon (häufig in Kombination mit psychologischen Therapien).Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.</ref> Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.</ref> 
Da häufig mehrere Substanzen parallel konsumiert werden, können Wechselwirkungen entstehen. Diese Interaktionen können durch das Geschlecht beeinflusst werden und sollten während einer Pharmakotherapie berücksichtigt werden.Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.</ref> In einer Studie mit Personen, die sowohl alkohol- als auch kokainabhängig waren, reduzierten nur Männer ihren Substanzkonsum nach Verabreichung von Naltrexon, Frauen steigerten ihn hingegen.Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.</ref> Die AutorInnen begründeten dies mit der recht hohen Dosis (150 mg/Tag), die bei Frauen womöglich stärkere Nebenwirkungen ausgelöst und damit die Effektivität beeinträchtigt hatte. Passend zu dieser Annahme wurde in einer anderen Studie belegt, dass Nebenwirkungen (wie z. B. Übelkeit) bei Frauen in Behandlung mit Naltrexon im Vergleich zu Männern und Kontrollen häufiger auftreten.Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.</ref> Zudem wiesen nur Frauen einen erhöhten Kortisol-Spiegel auf und waren stärker von Nebenwirkungen betroffen, wenn sie sich in der Lutealphase statt der frühen Follikelphase befanden. Bisher wurde vor allem die orale Einnahme von Naltrexon untersucht. Es existiert jedoch auch eine injizierbare Variante, deren Effektivität sich eher bei alkoholkranken Männern zu bewähren scheint.Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.</ref>
Pregabalin
Im direkten Vergleich mit einer täglichen Applikation Naltrexon (50 mg) zeigt Pregabalin eine größere Wirkung im Sinne einer stärkeren Reduktion des Alkoholkonsums. Möglicherweise hängt dies mit der anxiolytischen Wirkung von Pregabalin zusammen, da komorbide psychiatrische Symptomatiken (z. B. Ängstlichkeit) oft mit Alkoholabhängigkeit einhergehen. Die Studie gibt damit Hinweis darauf, dass eine Drogentherapie erfolgreicher verläuft, wenn dabei komorbide psychische Störungen berücksichtigt werden.[5]
Weitere Medikamente bei Alkoholabhängigkeit & Alkoholentzugssyndrom
Bei einigen Medikamenten, die für die Behandlung einer Alkoholabhängigkeit oder eines Alkoholentzugssyndroms eingesetzt werden, bleibt unklar, ob Geschlechterunterschiede in der Wirksamkeit bestehen. Aufgrund der zu geringen Anzahl von Frauen in klinischen Studien können keine sicheren Aussagen über die geschlechterspezifische Effektivität und Sicherheit von Disulfiram, Antikonvulsiva, Gamma-Hydroxybuttersäure und Benzodiazepine getroffen werden. Nur für Nalmefen und Acomprosat war die Größe des Probandinnenkollektivs ausreichend, sodass hier festgestellt werden konnte, dass keine Geschlechterunterschiede vorliegen.</ref>Agabio, R., Pani, P. P., Preti, A., Gessa, G. L., & Franconi, F. (2016). Efficacy of Medications Approved for the Treatment of Alcohol Dependence and Alcohol Withdrawal Syndrome in Female Patients: A Descriptive Review. European Addiction Research, 22(1), 1–16.</ref>

Weitere therapeutische Möglichkeiten und AspekteTabelle 2. Geschlechterunterschiede bei nicht-medikamentösen Therapieoptionen.

Therapieansatz/-inhalt
Geschlechtersensible Betrachtung
Berücksichtigung psychischer Komorbiditäten
Eine Studie mit alkoholkranken Personen zeigte, dass traumatische Erfahrungen und Symptome, die mit einem Trauma einhergehen, nur bei Frauen signifikant mit einem Rückfall assoziiert sind.Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.</ref> Zudem ist bei abhängigen Frauen, bei denen eine komorbide Depression therapiert wurde, auch die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Drogentherapie höher.Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.</ref>
Gruppentherapien
Männer scheinen mehr durch klare Strukturen (wie z. B. bei den Anonymen Alkoholikern) zu profitieren. [6]Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.</ref>
Kognitive Verhaltenstherapie als Paar
Für Frauen ist soziale Unterstützung ein Faktor, der stärker als bei Männern sowohl die Aufnahme einer Therapie als auch den Behandlungserfolg beeinflusst.Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.</ref></ref></ref>

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Psychosoziale Faktoren[Bearbeiten]

Informationen zu psychosozial wirksamen Faktoren bei Substanzgebrauchsstörungen erhalten Sie hier.

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Prävention[Bearbeiten]

Informationen zur Prävention von Substanzgebrauchsstörungen erhalten Sie hier.

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Translation in die klinische Versorgung[Bearbeiten]

Offene Forschungsfragen[Bearbeiten]

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Literatur[Bearbeiten]


Klicken Sie auf "Ausklappen" um die Literaturverweise anzuzeigen.

  1. Pabst, A., Kraus, L., De Matos, E. G., & Piontek, D. (2013). Substanzkonsum und substanzbezogene Störungen in Deutschland im Jahr 2012. Sucht, 59(6), 321–331.
  2. Kuhn, C. (2015). Emergence of sex differences in the development of substance use and abuse during adolescence. Pharmacology & Therapeutics, 153, 55–78.
  3. Medicine and Public Health, 48(1), 1–9.
  4. Referenzfehler: Es ist ein ungültiger <ref>-Tag vorhanden: Für die Referenz namens Agabio1 wurde kein Text angegeben.
  5. Martinotti, G., Di Nicola, M., Tedeschi, D., Andreoli, S., Reina, D., Pomponi, M., … Janiri, L. (2010). Pregabalin versus naltrexone in alcohol dependence: a randomised, double-blind, comparison trial. Journal of Psychopharmacology, 24(9), 1367–1374.
  6. Frauen benötigen für einen Behandlungserfolg eher Gruppen, in denen Emotionen bearbeitet werden und Fähigkeiten wie Selbstbewusstsein oder Selbstwirksamkeit geübt werden. Für Frauen empfehlen sich eher geschlechtshomogene Gruppen, da für sie relevante Themen auf diese Weise besser besprochen werden können.

==Lizenz==

Dieser Artikel ist unter der Creative Commons Lizenz veröffentliicht. Den vollen Lizenzinhalt finden Sie hier: https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/legalcode

Ein Teilgebiet der Medizin, das die Verteilung von Krankheiten in einer Bevölkerung und die damit zusammenhängenden Variablen untersucht.

Die Anzahl neu aufgetretener Krankheitsfälle innerhalb einer definierten Population in einem bestimmten Zeitraum.

Die Häufigkeit einer Krankheit oder eines Symptoms in einer definierten Population zu einem bestimmten Zeitpunkt.

Zwanghaftes Bedürfnis bzw. unwiderstehlicher Drang nach einem bestimmten Stimulus (Reiz), z. B. einer chemischen Substanz (Droge).

Die Lehre von krankhaft veränderten Körperfunktionen sowie ihrer Entstehung und Entwicklung.

Anfälligkeit eines Menschen, an bestimmen (meist psychischen) Krankheiten zu erkranken. Bergriff wird i. d. R. in der Psychologie bzw. Psychiatrie verwendet. In anderen medizinischen Fachgebieten spricht man von Prädisposition.

(ADH) Ein Enzym, das die Reaktion von Alkoholen zu den entsprechenden Aldehyden oder Ketonen und auch die Rückreaktion dieser (Aldehyd zu Alkohol) katalysiert.

(engl.: to cope with = bewältigen) Bewältigungsverhalten in einer als bedeutsam oder belastend empfundenen Lebenssituationen.

(engl.: craving = Verlangen) Starkes Verlangen nach einer bestimmten Substanzwirkung.

(oder Sekretionsphase) Die zweite Phase des weiblichen Zyklus, die unmittelbar auf den Eisprung folgt und mit dem Beginn der nächsten Menstruation endet (c. a. 15. bis 24. Zyklustag).

Die erste Hälfte des Menstruationszyklus (erster bis c. a. vierzehnter Tag), während der die Follikel im Eierstock heranwachsen und vermehrt Östrogene produzieren, wodurch sich die Gebärmutterschleimhaut wieder aufbaut.

(lat. applicare = anwenden) Verabreichung von Medikamenten

Zwanghaftes Bedürfnis bzw. unwiderstehlicher Drang nach einem bestimmen Stimulus (Reiz), z. B. einer chemischen Substanz (Droge).